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Europa für die Lesefaulen

SCHAUSPIELHAUS / MENASSE / DIE HAUPTSTADT

08/02/19 Für wen werden alle diese Theaterfassungen von zeitgenössischen Romanen gemacht? Drängen sich alle diese Bücher dem Theater auf? Nein, diese Behauptung ließe sich leicht widerlegen. Wir finden uns damit ab. Jetzt im Schauspielhaus: eine dramatisierte Fassung des Romans „Die Hauptstadt“ von Robert Menasse.

Werner Thuswaldner

Romane, die für sich eine ganz andere Beziehung zum Publikum entwickeln, werden am laufenden Band für die Bühne adaptiert. Auf diese Weise wird jedenfalls die Lesefaulheit unterstützt. Hörbücher sind eine andere Möglichkeit, sich das Lesen zu ersparen. Manche Romane überstehen die Dramatisierung gut, andere bleiben auf der Strecke.

Im Fall des 2017 erschienen Romans „Die Hauptstadt“ von Robert Menasse ging die Verwandlung in ein Theaterstück besonders rasch. Das Salzburger Schauspielhaus, wo am Donnerstag (7.2.) die Premiere zu sehen war, ist ganz vorne dabei. Und hat noch dazu das Glück, dass das Buch nicht bloß kurz nach seinem Erscheinen, sondern neuerlich seit einigen Wochen dabei ist, von sich reden zu machen. Diesmal, weil der Autor dem CDU-Politiker Walter Hallstein Zitate zuschreibt, die keine sind. Darüber haben sich die Medien heftig echauffiert. Der Roman, der sich mit der Geschichte und Gegenwart der EU befasst, folgt keiner einfachen Struktur. Es ist einer von jenen, die dem Leser keine längeren Pausen erlauben, weil er sich sonst im Wust der vielen Personen und Handlungsstränge hoffnungslos verheddert. Die Theaterfassung sorgt von vornherein für ein wenig bessere Übersicht. Das ist ein Verdienst der Regisseurin Maya Fanke, die Sequenzen herausgearbeitet hat, denen es sich gut folgen lässt.

Die Figuren werden einigermaßen greifbar und bleiben nicht papieren. So etwas wie einen „Erzähler“ gibt es auch. Es ist ein Schwein, das viele Erklärungen über die Zusammenhänge abgibt und darüber, wie Formalitäten ihren Alltag ausfüllen.

Zu sehen ist also, wie es in Brüssel zugeht, was die Beamten der Kommission antreibt. Sie bewegen sich in Räumen aus Stahl und Glas (Ausstattung: Martin Hickmann) und sind eifrig bemüht, ihre Interessen durchzusetzen.

Menasse, der fleißig recherchiert hat, weiß von vielen Skurilitäten zu berichten. Etwa von der Schweineproduktion oder vom Plan, Auschwitz zur Hauptstadt der EU zu machen. Ein Kriminalfall soll ein wenig Spannung erzeugen und einiges an Humor ist auch beigemischt.

Es wird gut gesprochen, es wird kaum langweilig. Konzentration und sprachliche Disziplin tun dem Text gut. Die Professionalität des Ensembles gibt dem Abend Niveau. Nicht Einzelne sind hervorzuheben, sondern buchstäblich alle: Theo Helm, Christiane Warnecke, Marcus Marotte, Antony Connor, Bülent Özdil Simon Jaritz, Harald Fröhlich, Ulrike Arp und Julia Gschnitzer.

Aufführungen bis 2. März – www.schauspielhaus-salzburg.at/
Bild: Schauspielhaus Salzburg / Jan Fiese

 

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