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Kärntner Zwillingsschwestern zwischen fake und folk

KABARETT / MOTZART / RADESCHNIG

05/02/19 Die Erfolge der EU bei der Bekämpfung von Hassbotschaften im Internet dringen nicht in einen Kabarettabend, wenn zwei Schwestern fetzen, noch weniger, wenn es sich um Zwillinge handelt, und überhaupt nicht, wenn die aus Kärnten kommen: RaDeschnig im Doppelklick.

Von Erhard Petzel

Geschwisterlicher Hass und schüttlustige Häme sind der Baustoff des Programms, virtuos in unterschiedliche Spielideen und flexible Medienrahmungen verarbeitet. Es ist ihr fünftes Programm seit dem Nachwuchskabarettpreis beim „Grazer Kleinkunstvogel“ 2010.

Nicole und Birgit Radeschnig geben (es) sich kräftig (damit fallweise leicht überverstärkt). Sie wühlen tief in der verbalen Schlammkiste, lassen es bärbeißig Kärntnern Und sie bauen – Herkunft verpflichtet – geschickt ihre verquer missbrauchte Musik ein. So nervt die männliche Alexa Bernd mit maschinensaraströsen Heiligenhallenarieneinwürfen, während mit Gstanzlduetten, Klarinetten und Zugin, also mit südälplerischem Lokalkolorit , die Volten schlagenden Handlungsstränge zugetönt werden. Den Untergrund bildet das über das Kärntnerische weit hinaus reichende Userverhalten der Internetgesellschaft. Virtuose Silbenpascher ums letzte Wort münden in einen schneidigen Echokammer-Kanon.

Archetypische Zwillingsprobleme aus Internetauftritten sind Anlass für Junky-Pantomimen zur Klarinette, Vorarlberg als Fake der FIS und Grabstätte unbegabter Skiathleten bildet die Plattform für persönliche Verschwörungstheorien aus dem Google-Universum, das auch die Klangkulisse zur Soundcollage unserer Bundeshymne liefert. Die robusten und vielfältigen Stimmen werden für unterschiedlichste Parodien eingesetzt. Herrliches Rondo um ein böses Wort, das als Refrain nur verklausuliert ausgesprochen werden darf und zu verschämt-dreisten Appetenz-Koloraturen verdreht wird. Oder virtuose Kärntner-Raps, aus der atemlosen Geschichte ums Zscherbunkale entwickelt.

Wird in diesem Punkt die um den Wortschatz bedachte Kärntner Familie witzig durch den Kakao gezogen, bildet sie anderwärts die Vorlage zu weniger eleganten Verunglimpfungen. Etwas mit dem Holzhammer sind auch politische Statements geklopft. Da wäre die feine, dafür präzis geführte Klinge des politischen Floretts vielleicht wirksamer. Die Stärke des Duos liegt dann auch in der Komposition wiederkehrender Themen in neuen Verhältnissen, wodurch die Szenen verklammert und verdichtet werden.

Das Verhältnis zueinander als Überthema mündet im „Film“ aus dem Gasthof Post in Vorarlberg, einseitig als Realität abgelehnt, am Ende des „Chats“, in dem das Duett nach sprachlicher Verrenkung „ka wir mehr“ versilbt. Natürlich alles Fake angesichts eines Programms voll geschwisterlich interaktiver Innigkeit zweier aufgedrehter Energiebündel.

RaDeschnig boten am Montasg (4.2.) im Rahmen der MotzArt-Woche in der ARGEkultur einen unverkennbaren Abend mit recht eigentümlicher Prägung und einem zünftigen Gstanzl als Draufgabe, das uns die Sachn des Franzl am Dachboden aufzählt, auf dem er selbst hängt.

Das 37. MotzArt Kabarettfestival in der ARGEkultur dauert bis 9. Februar. Heute Dienstag (5.2.) um 20 Uhr  BlöZinger mit Vorzüglichen Betrachtungenwww.argekultur.at
Bilder: www.radeschnig.net / Stefan Grauf-Sixt

 

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