Dönerwetter und Dönerschlag
HECKENTHEATER / DÖNER ZWEIER HERREN
04/06/18 Weiße Gesichter, schwarze Augenbrauen und rote Backen – die Schminke der Schauspieler erinnert an Pantomimen. Das soll nicht das einzig Außergewöhnliche an dem Stück „Döner zweier Herren“ von John von Düffel, frei nach Carlo Goldoni, bleiben. Das Landestheater spielt im Heckentheater.
Von Paula L. Trautmann
Rosi, die Tochter eines deutschen Gastwirtes, war Federico Rasponi versprochen. Der italienische Mafiaheld kommt bei einer Messerstecherei ums Leben, woraufhin die junge Frau mit dem Anwaltssohn Siegfried verheiratet werden soll. Die Hochzeitsvorbereitungen laufen auf Hochtouren, als Federicos türkischer Diener Kemal den Totgeglaubten ankündigt. Allerdings handelt es sich dabei um Beatrice, die Zwillingsschwester des Italieners. Verkleidet als ihr Bruder will sie dem Wirt die Mitgift abluchsen, weil sie Geld braucht, um ihren Geliebten Florian Müller zu suchen. Aufgrund der heimlichen Verlobung der beiden geriet er mit der Mafiafamilie aneinander und ist nun auf der Flucht.
Die humorvolle Inszenierung von Michael Moritz ist gespickt mit großen Verwechslungen und dem ewigen Hunger des Dieners Kemal, der bald ein noch stärkeres Gefühl kennenlernt: die Liebe.
Von ihr ist auch Beatrice, gespielt von Christiane Warnecke, angetrieben. „Ich lebe im 21. Jahrhundert“, ruft sie und empört sich über den Aufstand um ihre Verlobung. Sie versteht nicht, weshalb sie den Mann, den sie liebt, wegen ihrer Familie nicht heiraten sollte. Das Stück ist an zahlreichen Passagen nicht nur amüsant, es bringt zudem eine soziale Kritik hervor, auch wenn diese letztlich der Romantik weicht.
Ob Hochzeitskleid, Burschenschaftler-Uniform oder der „Dottore“ im Anzug und mit abstehenden Haaren – die Kostüme von Katja Schindowski sind den Figuren perfekt auf den Leib geschneidert. Das Lustigste trägt Marco Dott, der Florian Müller alias „der Stecher“ spielt und sich auf seiner Flucht als schwedischer Pornoproduzent verkleidet: Ein schwarzes Sakko mit roten Blumen und eine überdimensionale rote Brille, gepaart mit karierten Hosen.
Das wunderbare Grün des Hecktheaters umrahmt die vier weißen Türen auf der steinernen Bühne. Dahinter soll man sich die Küche, die Hochzeitssuite, ein Gästezimmer und das Büro des Gastronomen Gundolf (Axel Meinhardt) denken. Katja Schindowski kommt mit dem Minimum an Bühnenbild aus.
Die Phantasier der Zuschauer wird angeregt, aber wohl auch die der Zaungäste. Genia Maria Karasek spielt Rosi, die äußerst heiratsfähige Tochter des Wirts. Sie reißt ihren geliebten Siegfried (Tim Oberließen) hinter die Türen, um ihn, gelinde gesagt, zu besteigen. Sie stöhnt, dass sich der eine oder andere Besucher im Mirabellgarten vielleicht fragen wird, was hinter dem Gebüsch des Heckentheaters vor sich geht. Von der unersättlichen Nymphomanin verwandelt sich Karasek innerhalb von Sekunden in ein kleines bockiges Mädchen, das vor Ungeduld trotzig Blätter aus der Hecke reißt.
Ob Axel Meinhardt als geiziger Gastronom, Christiane Warnecke als der verkleidete Federico, Walter Sachers als Latein-liebender Winkeladvokat oder Nikola Rudle als taffe Gastarbeiterin – das gesamte Ensemble des Landestheaters ist mehr als überzeugend in seinen Rollen und versteht es, die Zuschauer mitzureißen. Besonders amüsant ist Gregor Schleuning als Kemal, der für zwei Herren arbeitet und vor lauter Hunger alles durcheinanderwürfelt, auch die Sprache: Also Dönerwetter, war das eine Premiere.