Ein Stück Advent-Musikgeschichte
TOBI REISER ADVENTSINGEN
05/12/14 Wenn das Ensemble Tobi Reiser zu Konzerten eingeladen wird, dann würden gar nicht selten auch die Hirtenkinder mit angefragt, sagt Josef Radauer. Das hat gute Gründe. Sie sind ja nicht nur zum Anschauen die Allerliebsten.
Von Reinhard Kriechbaum
Die Kinder und Jugendlichen haben auch musikalisch allerhand drauf. Heuer, da man beim „Tobi Reiser Adventsingen“ die legendäre Produktion „A Liacht is aufkemma“ von Tobi Reiser quasi in einer Kammermusik-Version gibt, sind die Hirtenkinder mannigfach gefordert. Da müssen sie schon ein paar Mal gemeinsam mit dem Männer-Viergesang (den Walchschmied Sängern) und dem Salzburger Dreigesang (um Christl Klappacher) den Chorpart übernehmen. Und das neben den obligaten Auftritten als Hirtenkinder. Dass sie nicht nur singen und „schleunigen“, also paschen können, zeigen sie auch nachdrücklich. Ein Posaunenquartett können sie stellen, eine Saitenmusik – und was eben so alles dazu gehört.
„A Liacht is aufkemma“ ist so etwas wie Salzburger Advent-Musikgeschichte. In den achtziger Jahren war es eine Herausforderung für Tobias Reiser ohne seinen Vater Tobi und ohne Waggerl das Salzburger Adventsingen quasi neu zu positionieren. Es lief letztlich auf eine Neuerfindung hinaus: „Szenisches Oratorium“ nannte der junge Reiser die Kombination neuer Stücke (meist themenbezogener Liedkantaten) mit Volksmusik.
„A Liacht is aufkemma“, 1986/87/88 im Großen Festspielhaus gegeben, was sozusagen der Prototyp dieser neuen, „durchkomponierten“ musikalischen Adventgeschichte. 1994 hat Tobias Reiser es nochmal aufgenommen, seither wurde das Stück nicht mehr aufgeführt. Eine durchaus dankenswerte Sache also, dass Josef Radauer es nun wieder aufführt.
Natürlich nicht eins zu eins: Die Wege des Tobi Reiser Ensembles und des „Salzburger Adventsingens“ haben sich ja getrennt. In der großen Aula verfolgt man (heuer zum neunten Mal) einen eigenen Weg. In gesund geschrumpften Dimensionen, könnte man polemisch sagen. Die beiden Adventsingen kann man unterdessen so wenig vergleichen, dass es nicht mal mehr ein Konkurrenzverhältnis gibt. Hüben und drüben – das ist etwas ganz anderes.
Der Atem des Authentischen durchweht die Aufführung in der Großen Aula. Die Walchschmied Sänger, der Salzburger Dreigesang, das Tobi Reiser Ensemble – sie alle waren damals Weggefährten, als Tobias Reiser sich ans Neuentwickeln machte. Sie bringen so etwas wie „Originalklang“ ein, den man gerne genießt, auch wenn es auf der anderen Straßenseite der Hofstallgasse professioneller zugeht.
Wilhelm Keller, mehr als ein Orff-Epigone, hat für „A Liacht is aufkemma“ ja genau für diese Leute, für deren musikalische Kapazitäten geschrieben. In der abgeschlankten Fassung verliert das Stück nicht an Wirkkraft, und die Projektionen von Siegwulf Turek, sind diesmal ausschließlich schwarzes - wie eine Scherenschnitt-Abstraktion - wirkendes Bühnenbild. Absolut kein Kitsch.
Alfred Kröll ist als Personifikation des Bösen (manchmal mit einer historischen Gasteiner Krampusmaske) charismatisch eingesetzt – so wie die blutjunge Madeleine Schwaighofer eine Maria ist, wie man sie im Zeitalter des Pietismus nicht reiner hätte malen können. Sie singt auch so. Nikolaus Gruchmann ist ein Josef, der ebenfalls einem Religionsbuch der guten alten Volksschul-Zeit entstiegen sein könnte.
Andreas Gassner hat mit den Vokalisten die Chor-Passagen mit Verve erarbeitet. Und in der Volksmusik gilt sowieso für alle: Sie haben den Musikstil und auch das sprachliche Idiom drauf. Das schafft höchste Authetizität, auch wenn es (nicht nur bei den Walchschmied Sängern) tonlich da und dort schon erheblich knarzt. Was macht das schon. Die Macher des „Tobi Reiser Adventsingens“ wissen, dass man in der Großen Aula die Zuhörer viel leichter erreicht als seinerzeit drüben im Großen Festspielhaus. Diese Option zur unmittelbaren Herz-Erwärmung lässt man nicht ungenutzt.