Ritterschlag für Undine
HINTERGRUND / TASCHENOPERN FESTIVAL
29/04/21 „Zwanzig Minuten Neue Musik – das ist so kurz, das hält jeder aus, auch wer es nicht so gewohnt ist, zeitgenössische Musik zu hören.“ Das Taschenopernfestival verbindet jeweils vier brandneue Kurz-Opern zu einer abendfüllenden Deutung großer literarischer Stoffe. Heuer im Zentrum steht das Schicksal der Nymphe Undine.
Von Heidemarie Klabacher
Theaterstücke, Opern, Erzählungen, Gedichte, Sagen, Musikstücke zwischen Klassik und Rock, Ballette, Filme, sogar Videospiele und Mangas: Undine ist überall. Eine Nymphe, eine Nixe, ein Wassergeist, je nach Kulturkreis. Jedenfalls – meist – keine Menschenfrau. Eine Seele erhält Undine, wenn sie sich mit einem Menschenmann vermählt. Wie das ausgeht, kann man sich vorstellen. In diesem Stoffkreis sterben – meist – die untreuen Männer. Undine verliert – oft – jede Erinnerung an ihre Liebe. Die bis zur Undines weiblichen Verwandten in der griechischen Mythologie zurückreichene Story enthält, je nach Jahrhundert, aber auch emanzipatorischen Sprengstoff. Wie etwa Ingeborg Bachmanns berühmte Erzählung.
Und diese wird dieser Tage eine Taschenoper: Das neunte Taschenopernfestival des Vereins Klang 21 widmet sich der legendären Frauenfigur in vier Kurzopern unter dem Titel Hilfe! Undine geht.
Die Undine-Opern komponieren Zeynep Gedizlioglu, Iris ter Schiphorst, Wolfgang Mitterer und Fabio Nieder. Zwei berühmte Varianten des Stoffes liegen den Kurzopern zu Grunde, die Novelle Undine des Dichters der Romantik Friedrich de la Motte Fouqué und die Erzählung Undine geht von Ingeborg Bachmann. „Die Männer haben sich für die romantische Fassung entschieden, die Komponistinnen für Bachmann“, berichtete der künstlerische Leiter Thierry Bruehl bei einem digitalen Pressegespräch heute Donnerstag (29.4.). „Das Stück von Wolfgang Mitterer ist schon fertig.“
„Dass sich die Stücke jeweils um einen gemeinsamen Ausgangspunkt drehen, ist für das Publikum sehr spannend, weil es zeigt, wie unterschiedlich die Befassung mit einem einzigen Thema ausfallen kann.“ Durch die Betrachtung eines bekannten literarischen Stoffes aus unterschiedlichen Blickwinkeln „gewinnt die Erzählung Kraft und bringt Leute in die Aufführung“, so Cay Bubendorfer, die Präsidentin von Klang21.
Auch werde die Auswahl der Komponistinnen und Komponisten bewusst getroffen, erklärte Thierry Bruehl, der künstlerische Leiter des Taschenopernfestivals. „Wir versuchen eine Zusammenstellung von Komponisten zu finden, die ein möglichst breites Spektrum abdeckt und möglichst unterschiedliche Strömungen repräsentiert. So können „Anfänger“ in Sachen zeitgenössischer Musik bei der Stange gehalten und Kenner Neues entdecken.
Und Corona? „Wir gehen davon aus, dass sich das alles machen lässt“, sagt Cay Bubendorfer. Man gehe davon aus, dass das Festival – Uraufführung ist am 28. September in der Szene Salzburg – analog abgehalten werden kann. Gefilmt werde bei der Probenarbeit ab 9. August zur Dokumentation ohnehin. Sollte sich abzeichnen, dass analoge Veranstaltungen nicht möglich sein werden, werde die filmische Arbeit vertieft, erklärte Thierry Bruehl. Das Ergebnis wäre kein Live-Stream, sondern wirklich ein Film. „Die Tonspur wird auf jeden Fall sehr gut sein, darauf legen ohnehin größten Wert.“ Auch sie die Besetzung der einzelnen Stücken nicht groß ist, so könnte man auch Sicherheitsabstände gewährleisten. Das Team, dirigieren wird zum zweiten Mal Peter Rundel, ist jedenfalls ist zuversichtlich, dass analoge Aufführungen mit 150 bis zweihundert Zuschauern möglich sein werden. Sein Traum einer Kinder-Taschenoper lasse sich hoffentlich im kommenden Jahr realisieren, so Bruehl, heuer sei die Umsetzung eines Jugendprojekts nicht denkbar gewesen.
Zum zweiten Mal wird eine internationale Dirgier-Akademie als sechswöchige Meisterklasse unter der Leitung von Peter Rundel in das Festival integriert. Fünf junge Dirigentinnen und Dirigenten werden in den Entstehungsprozess eingebunden und einzelne Dirigate der Aufführungsreihe übernehmen. Erstmals spielt das junge Salzburger Ensemble NAMES New Arts and Music Ensemble Salzburg.
Das Taschenopernfestival Salzburg wird seit 2005 von Stadt, Land und Bund gefördert, 2021 erstmals auch von der Ernst von Siemens Musikstiftung. „Die schauen wirklich sehr genau, wen sie fördern“, betont Klang21-Präsidentin Cay Bubendorfer. „Das ist für das Taschenopernfestival der Ritterschlag.“
Taschenopernfestival - Premiere am 28. September in der SZENE Salzburg, weitere Aufführungen am 30. September sowie am 1. und 2. Oktober - www.klang21.com
Bild: www.klang21.com