asdf
 

Sweet Transvestite im Mond

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / IL MONDO DELLA LUNA

24/06/19 Erst jüngst haben Amerika und die Welt „50 Jahre Mondlandung“ gefeiert. Die Chinesen streben derzeit auf die Hinterseite des Mondes. Wölfe und Romantiker heulen ihn aus hormonellen Gründen an. Die Lyrik ist voller Silbermond und schon der alte Haydn hat dem Trabanten eine wundersame Oper gewidmet.

Von Heidemarie Klabacher

Der Mond – und seine allfälligen Bewohner – bewegen die Erdlinge schon immer. Stichwort: Mondgöttin. Seit dem frühen 17. Jahrhundert aber spekulieren nicht nur Spinner und Träumer, sondern auch Wissenschaftler und Philosophen mit der Beschaffenheit des Trabanten und möglichen Formen hochzivilisierten Lebens darauf. Ausgerechnet ein englischer Bischof hat um 1630 den ersten Mondroman – The man in the Moon – geschrieben. Französische Werke zum Thema erlebten unzählige Übersetzungen und Neuauflagen. Wenn Joseph Haydn auf ein Libretto von Carlo Goldoni eine Oper der Welt auf dem Mond widmet, legte er also tatsächlich den Finger auf einen Puls der Zeit.

Dass es nur eine freche Intrige ist, einen geizigen alten Knacker hereinzulegen, der seinen beiden Töchter nur mit reichen Anwärtern in die Ehe entlassen will, tut der damaligen Aktualität des Stoffes keinen Abbruch. Und wenn eine der beiden jungen Damen, die sich in einen brotlosen Stern-Gucker verguckt hat sinngemäß singt: „Ist mir nur recht, wenn er in den Himmel schaut, dann kann ich derweil tun, was ich will“, ist das geradezu aufmüpfig emanzipatorisch. Ist aber auch nötig, denn was der Herr Papa im Fernglas zu sehen glaubt und sehr gut heißt, sind alte Männer mit jungen Mädchen oder Ehemänner mit dem Stock in der Hand zur Erziehung aufmüpfiger Ehefrauen. Insofern ist der utopische Plot für seine Entstehungszeit geradezu gesellschaftskritisch, und selbst in unseren post-emanzipatorischen Tagen bedenkenswert. Dazu kommt also die charmante Musik von Joseph Haydn.

Im Großen Studio des Mozarteums wird nun der Blick in die ferne und doch so nahe Welt auf dem Mond geworfen: Il Mondo della luna ist eine Veranstaltung der Departments für Oper, Musiktheater und Gesang in Zusammenarbeit mit den Departments für Bühnen- und Kostümgestaltung, Film- und Ausstellungsarchitektur. Tatsächlich wirken alle Abteilungen zu einer diesmal auffallend üppig und technisch aufwändig ausgestatteten Produktion zusammen. Raffiniert sind Videodesign von Tomasz Jeziorski und deren technische Umsetzung durch Markus Ertl. Lichtgestaltung von Alexander Lährm und Tontechnik von Peter Hawlik – zusammen mit zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – befördern das Publikum mit leichter Hand, wie im Traum quasi, in die schräge Welt. Die Regie, Karolinie Gruber zeichnet für die Szenische Leitung, macht aus der Intrigenkomödie ein keckes Spiel zwischen vor-emanzipatorisch aufmüpfigen Frauen, jungen Männern, die gerne eine reiche junge Dame aus Liebe heiraten möchten und dem heillos frauenverachtendem Patriarchen. Die weiten Röcke der Wirtschaftswunderzeit der Fünfziger- und Sechzigerjahre und die schrägen Outfits der Transvestiten einer Rocky Horror Picture Show sind die Markierungen. Für die reizvollen herrlich schrägen Kostüme zeichnet gon Edoardo Stocchi.

Das Kammerorchester der Universität Mozarteum unter der Leitung von Kai Röhrig verhilft der Partitur immer wieder zu strahlenden Glanzmomenten. Die Sängerinnen und Sänger sind  bestens präpariert, leisten Hervorragendes und lassen immer wieder aufhorchen. Wie etwa bei der Premiere am Freitag (21.6.) Mariya Taniguchi als Flaminia. Wendy Krikken verlieh deren Schwester Clarice Wendigkeit. Felix Mischitz, dessen Hang zum Komödiantischen schon oft aufgefallen ist, gab einen darstellerisch altväterlich steifen und stimmlich hervorragend beweglichen Buonafede. Überzeugend ebenso im Anzug wie im Kostüm von Gestirnen oder Mondkaiser: Sascha Zarrabi als Ecclitico, Tolga Siner als Ernesto und Niklas Matthias Mayer als Cecco. Seine Geliebte Lisetta bekommt von Zsófia Mózer ideale stimmliche und darstellerische Präsenz.

Il Mondo della Luna – Aufführungen Montag (24.6.) und Dienstag (25.6.) jeweils im 19 Uhr im Großen Studio – das Programmheft zum Download - Live-Stream heute Montag (24.6.) unter  www.uni-mozarteum.at
Bilder: Universität Mozarteum / Christian Schneider

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014