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Now or never

SOMMERSZENE / PROGRAMM

07/05/19 Die Sommerszene, Salzburgs Fest der performativen Künste, rückt die inhaltliche und ästhetische Vielfalt ins Zentrum ihres Programms. Vom 17. bis 29. Juni präsentieren 14 Produktionen aus neun verschiedenen Ländern Tanz, Theater, Performance-Kunst sowie Installationen mit Aussagekraft, aber auch Humor.

Von Franz Jäger Waldau

„Die KünstlerInnen präsentieren ihre Werke an verschiedenen Schauplätzen, setzen sich mit dem Stadtraum auseinander und eröffnen neue Fragestellungen zu gesellschaftspolitischen Themen und sozialen Prozessen“, sagte Intendantin Angela Glechner hezute Dienstag (7.5.) bei der Programmpräsentation.

So gastiert etwa das britische Performancekollektiv Forced Entertainment rund um Tim Etchells erstmals in Salzburg. Das neueste Stück Out Of Order, eine Österreich-Premiere, wirft eine sechsköpfige Truppe trauriger Clowns auf eine kahle Bühne – und lässt sie dort allein. Das Ensemble balanciert zwischen Komik und Ernst, Hektik und Ruhe, Wildheit und Zärtlichkeit, Gewalt und Gehabe, Aber clownesque Kapriolen weichen nach und nach Zankereien, Erschöpfung, Hunger, Melancholie und Stille. Die Uhr tickt.

Der portugiesische Theaterregisseur Tiago Rodrigues berichtet in seinem Stück By Heart von seiner erblindeten Großmutter Cândida, mit der er Shakespeare-Sonette auswendig lernte. Er spricht über die Macht der Worte, die auch ohne geschriebene Gesetze ewig regiert, weil die Erinnerung der sicherste Speicher für sie ist. Gemeinsam mit zehn freiwillig Mitwirkenden versucht er, dem Publikum diesen Wert zu vermitteln, indem die Gruppe Shakespeares Sonett Nr. 30 auswendig lernt.

Der polnische Regisseur und Choreograph Cezary Tomaszewski greift in Cezary Goes to War auf seine Biographie, konkret seine Erlebnisse bei der Musterung vor einer Wehrpflichtkommission, zurück. In Aerobic-Kostüme gezwängt und in eine replizierte Turnhalle gestellt, spielen vier Schauspieler und eine Pianistin die Erfahrungen als groteske musikalische Revue nach. Dabei leihen sie sich Musik von Stanisław Moniuszkos, dem Vater der polnischen Nationaloper, Dmitri Schostakowitsch und Claude Debussy. Patriotismus, Heimatliebe und nicht zuletzt die sozialen, psychologischen und kulturellen Auswirkungen des Krieges stehen im Zentrum des Abends.

Wien ist die Wahlheimat des Japaners Michikazu Matsune. Gemeinsam mit Frans Poelstra und Elizabeth Ward erinnert er mit All Together an Begegnungen mit Menschen, flüchtige, vergangene, andauernde und immerwährende. So entsteht ein fein verwobenes Spiel, bei dem sich das Imaginäre mit dem Realen, das Persönliche mit dem Universellen verknüpft.

Improvisation und Musik sind selbstverständlich Teil des Programms: Multiverse ist ein Performancestück, in dem der Belgier Louis Vanhaverbeke als universaler DJ mit Sprache, Musik und Objekten jongliert und Alltagsgegenstände zu Klangmaschinen mutieren lässt. Turntables, Vinylplatten, Frisbees, Drumcomputer, Küchengeräte, Skateboards werden zu seinen Instrumenten. Die Improvisation ist eine Liebeserklärung an die Fantasie und ein Plädoyer gegen die gewissenlose Wegwerfgesellschaft.

Auch die Stadt Salzburg selbst, ohnehin von Fassadencharakter, wird von der Sommerszene zur Bühne gemacht: Die Klanginstallation Euch sprechen die Steine des Salzburger Komponisten Marco Döttlinger bringt den Tunnel des Neutores zum Schwingen. Die Wörter „Te saxa loquuntur“ („Dich sprechen die Steine“) über dem Ostportal des Tunnels inspirierten zum Titel. Konkrete Klänge, die vor Ort für diese Arbeit aufgenommen wurden, dienen dabei als Ausgangsmaterial. Angereichert mit konkreten Klängen und komponierten Instrumentalpassagen wird eine akustische Verdichtung geschaffen, die den Stollen in seiner räumlichen Eigenfrequenz resonieren lassen.

Und das heimische Theaterkollektiv ohnetitel schafft mit dem Projekt Die Späte der Stunde. Eine Odyssee durch die Stadt eine episodenhafte Reise durch Salzburg. Es bedient sich dabei der Konstruktionspläne des Ulysses von James Joyce. Die epische Reise dauert insgesamt 24 Stunden an sechs aufeinander folgenden Tagen. An ganz unterschiedlichen Orten der Stadt begegnen dem Publikum künstlerische Miniaturen, die nach und nach ein filigranes Mosaik von Assoziationen generieren.

Die Sommerszene findet vom 17. bis 29. Juni an verschiedenen Spielorten in Salzburg Stadt statt. Das vollständige Programm - www.szene-salzburg.net
Bilder: Sommerszene / Patrycja Mic, Magda Bizarro, Hugo Glendinning, SommerSzene/Bernhard Mueller

 

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