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Meine Gedanken, wo seid ihr?

SOMMERAKADEMIE MOZARTEUM / ORLANDO PALADINO

24/08/17 Der Malersaal einer Kunsthochschule? Oder doch eher der Kreativraum einer sozial-therapeutischen Einrichtung oder gar einer psychiatrischen Klinik? Joseph Haydns Oper „Orlando Paladino“ wurde von der Sommerakademie Mozarteums innerhalb eines Monats auf die Bühne gezaubert – mit bezauberndem Ergebnis.

Von Heidemarie Klabacher

Angelica und Medoro, chinesische Prinzessin und Sarazenen-Kämpfer, lieben einander, vielleicht auch nicht, wahrscheinlich aber schon. Ganz gewiss - aber gewiss vergeblich - liebt die Prinzessin der fränkische Ritter Orlando. Ihm zur Seite steht schlagkräftig ein weiter Held, Rodomonte, der lieber dreinhaut als redet. Die Hexe heißt Alcina und ist hier als strenge Oberschwester unterwegs. Sie beschützt die Liebenden Angelica und Medoro – aus welchen Gründen, weiß man nicht so genau. Während die hohen Herrschaften ihre Gefühle, Traumata und sonstigen psychischen Befindlichkeiten hätscheln und das hohe Paar an sich selber leidet, finden Orlandos Knappe Pasquale und die Schäferin – hier Krankenschwester – Eurilla als niedriges Paar umso heftiger entflammt zueinander.

Das emotionale Chaos der Figuren, ihre Eitel- und Lächerlichkeiten, ihre Betört- und Verletztheiten hat Joseph Haydn 1782 in der elften seiner dreizehn Opern für den Hof von Esterhazy in ein Meisterwerk zwischen Anti-Heldenepos und Klamaukstück verpackt.

Da gibt es die große Arie der verzweifelt Liebenden, da gibt es die Schlachtrufe der wildgewordenen Ritter und die zahlreichen – plötzlich ganz existentiell ernst zu nehmenden – Selbstmordgedanken.

Alle Mitwirkenden sind Studierende der Internationalen Sommerakademie Mozarteum, die eine alte Tradition der Opernschule im Rahmen der Meisterkurse, wieder belebt hat. Tatsächlich ist es gelungen, alle Gesangspartien Partien mit hervorragenden jungen Sängerinnen und Sängern zu besetzten.

Die Titelpartie sang Myles Garver, der stimmlich und darstellerisch einen psychologisch überaus vielschichtigen Orlando zwischen Gewalttäter und Opfer zu gestalten wusste: Er wird von der Zauberin Alcina ja „besiegt“, indem sie sein Gedächtnis und seine Erinnerungen an die fatale Liebe zu Angelica löscht. Das passiert im Krankenhaus-Setting (Raum Anneliese Neudeckeer) mittels Spitze – und ist alles andere als eine eindeutig beruhigende positive Lösung. Wie die Regie von Stephen Metcalf überhaupt facettenreich zwischen furiosem Klamauk und bewegendem Psychogramm changiert.

Die Partie der Prinzessin Angelica wurde von der Sopranistin Anne Sophie Petit als ätherisches Wesen am Rande des Nervenzusammenbruchs dargestellt und mit größter Souveränität und Klarheit gesungen. Daniel Mullaney gibt dem an sich selbst, seiner Liebe und an der Liebe Angelicas zweifelnden Ritter Medoro sanfte geschmeidige Stimme. Capucine Daumas ist eine stimmlich virtuose und darstellerisch präsente Zauberin Alicna. Valentin Voith, stimmlich ebenfalls überzeugend als schlagkräftiger Rodomonte hat großen Anteil am komödiantischen Aspekt der Oper.

Die Lieblinge sind dennoch Eurilla und Pasquale, die Sopranistin Rocio Crespo und der Tenor Sascha Zarrabi, die beide mit ihrem darstellerischem komödiantischem Vermögen verzauberten – mit und souveränen sängerischen Leistungen haben aufhorchen lassen. Im Kopf hat man die beiden für alle möglichen Mozart-Rollen gecastet.

Das Orchester wurde ebenfalls aus Teilnehmenden an der Sommerakademie gebildet, da war noch nicht alles, wie es hätte sein können. Kai Röhrig hat seine Truppe dennoch zielgerichtet durch die Noten geführt.

Orlando Paladino – zwei weitere Aufführungen heute Donnerstag (24.8.) und am Samstag (26.8.) um 19.30 im Großen Studio der Universität Mozarteum - www.uni-mozarteum.at
Bilder: UniMoz/Christian Schneider

 

 

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