18/04/23 „Die Leute liegen (vor Lachen) unter dem Stuhl. Ich auch.“ Das hat immerhin Alfred Kerr anlässlich der Berliner Erstaufführung zugegeben. Wir brauchen uns also nicht Fremdschämen, auch wenn es am Platz wäre, wenn heutzutage wieder irgendwo Der Raub der Sabinerinnen aufgeführt wird.
13/04/23 Die Kabanicha, die böse Schwiegermutter, die Katja Kabanova das Leben zur Hölle macht, hat ein verschwiegenes Verhältnis mit Dikoj – und der ist in der Inszenierung von Leoš Janáčeks Oper in Graz nicht Kaufmann, sondern der Pope des Dorfs. Statt der Ikonenwand sehen wir in seiner mehr als sonderbaren Kirche eine aus Vorhängen gebildete, gelegentlich knallig leuchtende Vulva.
22/03/23 Nicht mehr Identitti, sondern Identitti Rezeptionista. Also nicht mehr die Umsetzung des Erfolgsromans Mithu Sanyal, sondern – nur zwei Jahre nach dessen Erscheinen – schon im Titel angesprochen auch die Frage danach, wie dieser bestseller aufgenommen wurde und wird.
03/03/23 Die Notensammlung des Kaisers umfasst siebzig Regalmeter handgeschriebener Kompositionen aus dem frühen 18. Jahrhundert, „die übereinander gestapelt das Wiener Riesenrad überragen würden“. 440 Werke auf 120.000 Seiten wurden digitalisiert. Man kann sie seit kurzem über den Online-Katalog der ÖeNB abrufen.
01/03/23 Er will heim und nicht in ein Heim. Den alten Fischer hat der Schlag getroffen. „Fischer Fritz fischt nicht mehr. Lang schon nicht mehr. Keinen Fisch fischt Fischer Fritz. Kan anzigen.“ Ein Sprach-Kunstwerk aus feiner Poesie, Zungenartistik und leiser Wehmut ist Fischer Fritz von Raphaela Bardutzky.
21/02/23 Es wird wohl niemanden geben in der Kulturszene, dem der Erhalt des RSO Wien nicht ein Anliegen wäre. Die Auflösung des Orchesters wäre ein Kahlschlag von noch nie dagewesener Tragweite. Entsprechend vehement sind jetzt die Reaktionen aus allen Richtungen.
15/02/23 Teichoskopie, ein Wort für Bildungsprotzer. Kommt aus dem Griechischen und heißt „Mauerschau“. Beobachter berichten, was sie gerade irgendwo da draußen wahrnehmen. Das ist praktisch, weil man sich so – wir sind bei Kleist und Penthesilea – viel Gemetzel auf der Bühne erspart.
30/01/23 Die Dirne, der Soldat. Der Soldat, das Stubenmächden. Das Stubemädchen, der junge Herr... und weiter im Reigen, die soziale Leiter hinauf in die Einsamkeit? Oder treffen sich am Morgen „danach“ alle Beteiligen einträchtig beim gemeinsamen Frühstück am Küchentisch im Stundenhotel?