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Frisches Fleisch für die Stadtbewohner

HINTERGRUND / CHRISTKINDLMARKT

22/11/24 Es war 2005, als der Salzburger Christkindlmarkt plötzlich in die Schlagzeilen der lokalen Medien geriet. Die ÖVP wollte verhindern, dass eine bayerische Geschäftsfrau etwas tat, was in den Jahren zuvor anstandslos durchgegangen war: nämlich blinkende Weihnachtsmann-Mützen verkaufen.

Von Reinhard Kriechbaum

In anderen politischen Lagern hat man die Sache damals entschieden weniger dogmatisch gesehen, und so ist das Ansinnen eines Weihnachtsmann-Blinkmützenverbotes im zuständigen Gremium niedergestimmt worden. Eine nette Provinzposse.

Ist der Salzburger Christkindlmarkt tatsächlich ein Hort der einschlägig-jahreszeitgemäßen Tradition, dass man damals gar so sensibel reagierte? Was das Warenangebot betrifft, eher nicht. Da gibt es in Österreich eine Reihe von Märkten, an die wesentlich strengere Messlatten angelegt werden bei der Auswahl der Händler. Aber immerhin: Das Marktamt wacht nach wie vor darüber, dass es nicht mehr als zehn Prozent Gastronomiestände gibt und dass möglichst keine Warengruppe doppelt vorkommt. Das soll Vielfalt und Abwechslung sicherstellen.

Was immer wieder verblüfft: dass es schon anderthalb Wochen vor dem Ersten Adventsonntag losgeht und der Markt keineswegs am 24. Dezember schließt, sondern erst am 1. Jänner. Da ist aber um 18 Uhr wirklich Schluss. Dies bringt uns auf die Idee, ein wenig zurückzuschauen auf die Salzburger Weihnachtsmarkt-Geschichte. Und wieso überhaupt Weihnachtsmärkte vor der „Erfindung“ von schmuckbehängten Christbäumen und Punschständen?

Auf dem Salzburger Domplatz hat es seit je her Märkte vor Weihnachten gegeben. 1491 wird erstmals einer in dieser Jahreszeit erwähnt. Spätestens seit dem 17. Jahrhundert wurde ein „Nikolaimarkt“ abgehalten – in der Mozart-Zeit kann man von einer Dauer von einem Monat ausgehen, beginnend vierzehn Tage vor dem Nikolausfest bis vierzehn Tage danach. Also vom 24. November bis 20. Dezember. Puppen wurden da verkauft und Naschwerk, vor allem aber billige Alltagsware. Besonders zu erwähnen ist, dass der Salzburger Markt der erste in Europa war, in dem der Erzbischof ausdrücklich Frauen als Verkäuferinnen und Standbetreiberinnen zugelassen hat.

Es war, wie ein Chronist 1793 berichtet, „jedermann gestattet, alte oder Trödelwaren öffentlich feilzuhalten“. Die ortsansässigen Kaufleute hatten keine Freude, zumal sich der Markt im späten 18. Jahrhundert auf die Zeit vom Martinsfest (11. November) bis zum 29. Dezember ausdehnte.

Im Jahre 1903 hatten für eine längere Zeit die Diskussionen über die Öffnungszeiten und über die feilgebotenen Waren ein Ende. In der Marktordnung wurde festgelegt, dass im Zeitraum vom 11. November (also dem Martinstag) bis zum 24. Dezember der Markt stattfinden solle und zunächst auf die Dombögen beschränkt bleibe. Interessant ist auch, dass nur in Salzburg wohnhafte Personen dort Geschäfte tätigen durften.

Ein zwischenzeitliches Ende nahm der Markt 1932, als sich niemand mehr fand, ihn zu betreiben. Anfang der 1960er Jahre entstand in Salzburg der Weihnachtsmarkt rund um das Schloss Mirabell neu. Als man dort eine Tiefgarage baute, wurde der Markt 1973 auf dem traditionellen Platz beim Dom umgesiedelt.

Und warum überhaupt Weihnachtsmärkte? Zwei Heiligenfeste sind markante Termine: Das Martinsfest markierte den Adventbeginn, als die Vorbereitungszeit auf Weihnachten noch sechs und nicht vier Wochen dauerte. Das war erstens ein traditioneller „Zahltag“, an dem Bauern ihrer Grundherrschaft den jährlichen Obulus in Naturalien ablieferten. Zu dem Anlass dachte man auch darüber nach, welche Tiere man über den Winter füttern und welche man besser anderweitig verwerten solle. Niemand schlachtet ein Milchkuh – aber die Gänse hatten ganz schlechte Karten! Da kommt das Ganslessen zu Martini her.

Der zweite „Leittag“ ist das Nikolausfest am 6. Dezember. Nun war mal rund um Martini geschlachtet, und in den Wochen danach deckten sich die Bewohner der allmählich größer werdenden Städte mit Fleisch ein. So kamen die Bauern auf die städtischen Märkte, boten Fleisch feil und deckten sich ihrerseits mit allerlei Dinge des täglichen Lebens zu besorgen. So kamen rasch die anderen Branchen zu den Fleisch-Anbietern auf die Märkte, die dann nicht selten „Nikolaimärkte“ hießen. Als Luther den heiligen Nikolaus aus seiner Religion hinaus reformierte und Weihnachten sich allmählich zum Geschenkefest mauserte, hat sich das positiv auf viele Märkte ausgewirkt, die eben jetzt näher ans Weihnachtsfest verlegt wurden.

Die ältesten Weihnachtsmärkte: Seit 1434 wird in Dresden der „Striezelmarkt“ veranstaltet. Gar bis 1384 lässt sich der Bautzener Weihnachtsmarkt zurückverfolgen (aber nicht so lückenlos wie die Dresdner Konkurrenz). Er heißt jetzt „Wenzelsmarkt“. König Wenzel von Böhmen gewährte der Stadt damals das Recht zur Abhaltung eines freien Fleischmarktes in der Vorweihnachtszeit. Der Christkindlesmarkt in Augsburg wird 1498 historisch greifbar, weil da die Lebzelter in Streit gerieten über die Belegung der Buden.

www.christkindlmarkt.co.at
Lesetipps: Reinhard Kriechbaum: Tannenbaum und Bohnenkönig, Verlag Anton Pustet. Salzburger Brauch, Rupertus Verlag
Bilder: dpk-krie

 

 

 

 

 

 

 

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