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Aus der Kunst wird Hain und Flur

SOMMERSZENE / INTERVIEW / HUBERT LEPKA

22/06/15 Morgen Dienstag (23.6.) wird die Sommerszene mit der Uraufführung von „Sägewerk“ eröffnet. Tänzer, Schauspieler, ein Zimmerer, ein Baum, ein A-cappella-Chor und eine Videowall erzeugen Natur – oder auch nicht. Regisseur Hubert Lepka im Interview.

In jeder Ihrer choreografischen Produktionen erzählen Sie Geschichten – welche Geschichte erzählen Sie in SÄGEWERK?

Hubert Lepka: In „Sägewerk“ geht es um das Nachdenken über Landschaft. Eine Moderatorin und ihre Gäste verstricken sich zwischen rationalen und irrationalen Gedanken und suchen bei Adalbert Stifter und einer alten Sage über einen Wildschützen Zuflucht. Durch einen teuflischen Pakt besitzt dieser Wildschütz eine verzauberte Kugel, die immer den trifft, den er sich denkt. Teuflische Pakte haben allerdings an sich, dass sie nicht gut ausgehen. Da kann selbst die Liebe zu einer der Schwestern aus Stifters Erzählung „Der Hochwald“ nicht helfen.

Ausgangspunkt von „Sägewerk“ sind Texte von Heidegger, Stifter und Bernhard: Wohin wird der Weg den Zuschauer führen?

H.L.: Landschaft wird ja in erster Linie durch die Land- und Forstwirtschaft hergestellt. Landwirtschaft ist Urproduktion – Kunst ist das Gegenteil, sie findet am alleräußersten Ende der Verwertungskette landwirtschaftlicher Produkte statt. Sie ist aber insofern auch Urproduktion, weil ihr von dieser Seite nichts entgegenwächst. „Sägewerk“ möchte das ästhetische Wachstumspotenzial des Tanzes für die Gestaltung von Landschaft nutzbar machen.

Thema ist die Kapitalisierung von Natur – wo ist das am stärksten zu beobachten?

H.L.: Die kleinbäuerliche Landwirtschaft, die meine Urgroßeltern noch betrieben hatten, ist längst ausgestorben. Was nun folgt ist eine vollständige Industrialisierung der Land- und Forstwirtschaft, die andere Ästhetiken mit sich bringt. Nämlich die Ästhetik der großen, standardisierten und austauschbaren Fläche. Sie erzeugt eine Kulturlandschaft, die wir vielleicht auch gestalten können, wenn wir nur wüssten, wie.

Die ursprünglichen Naturlandschaften Europas sind zerstört – ist eine Rückgestaltung möglich oder wie kann ein neuer Entwurf des Ursprünglichen aussehen?

H.L.: Genau darüber zerbrechen sich unsere Protagonisten den Kopf, im wörtlichen Sinn. Wald und Flur sind die Orte des Irrationalen, der Märchen – einerseits. Eine Neugestaltung kann aber nur rational erfolgen. Das geht nicht zusammen.

Kann die Kunst Denkansätze liefern, die das Verhältnis der Gesellschaft zur Landschaft verändert?

H.L.: Kunst ist Urproduktion des Schönen. Wenn wir eine schöne Landschaft wollen, können wir ausschließlich die Kunst befragen.

Ihre Produktionen der vergangenen 15 Jahre finden alle im öffentlichen Raum oder in Naturlandschaften statt – was hat Sie damals, 1999, bewogen, aus dem Theaterraum zu treten? Was heute, dahin zurückzukehren?

H.L.: Damals war der Theaterraum zu eng, mit Fluchtwegen verbarrikadiert. Fahrzeuge, Tiere, alles Echte aus irrationalen Gründen ausgeschlossen, damals wie heute. Für die Frage nach einer Synthetisierung von Landschaft macht es allerdings durchaus Sinn, in ein solchermaßen steriles Raumlabor zu gehen.
Wir können den Wald nur bedingt ins Theater bringen, aber Musik und Film helfen uns, ein dichtes mögliches Bild zu erschaffen. Ein achtstimmiges Männerensemble verwebt kontrapunktische Musik der Renaissance mit teppichartigen Filmen aus den vorangegangenen Experimenten in der Natur zu einer neuartigen Spielfläche.

„Sägewerk. Über die Herstellung von Landschaft“ ist am Dienstag und Mittwoch (23/24.6.) jeweils um 20 Uhr im republic zu sehen.
Die Sommerszene dauert bis 4. Juli – www.szene-salzburg.net; www.torren.at
Bilder: lawine torrén / Wolfgang Kirchner (1); Magdalena Lepka (1)
Zum Sommerszene-Vorbericht Lokal und international

 

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