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Kostbare Erde, blutiger Krieg

SOMMERSZENE / CHANGE  VIEWS

05/06/24 Weit ist der Horizont der Sommerszene ja immer gewesen. Internationale Perspektiven von Tanz oder Performance gehör(t)en dazu. Aber gleich die ganze Welt auf einmal in den Blick zu nehmen gelingt erst anno 2024 – mit der schwebenden Erdkugel in der Kollegienkirche.

Von Heidemarie Klabacher

Welch exepmlarische Umsetzung des Mottos Cange Views. Und wenn auch kein Exklusiv-Projekt der Sommerszene, immerhin eine sensationelle Österreichische Erstpräsentation: Das Wanderkunstwerk Gaia von Luke Jerram machte Station und Furore in Glasgow und Mechelen ebenso wie in Dresden und Birmingham, Hong Kong oder Doha in Qatar. „Ich hoffe, dass Gäste beim Besuch von Gaia die Erde wahrnehmen, als wären sie selbst im Weltraum, als wunderschönen und kostbaren Ort. Ein Ökosystem, das wir dringend bewahren müssen – unsere einzige Heimat“, sagt Luke Jerram, international gefeierter Installationskünstler und Schöpfer eindrucksvoller multidisziplinärer Live-Arts-Projekte. Nun also ist Gaia, benannt nach der Erdgöttin, einer der ältesten Gottheiten der Mythologie überhaupt, in der Kollegienkirche in Salzburg angekommen.

Es handelt sich, in puren Fakten ohne Poesie, um eine dreidimensionale Abbildung der Weltkugel, sieben Meter im Durchmesser, 1,8 Millionen Mal kleiner als die Erde. Das frei hängende rotierende Kunstwerk besteht aus NASA-Bildern der Erdoberfläche. Die Astronauten von Apollo 17 etwa hatten im Jahr 1972 diesen Exklusivblick. In jedem Sciene Fiction-Reißer, in dem es gilt die Erde vor Aliens oder vor der Vernichtung durch einem kosmischen Sturm zu retten, kommt irgendwann einmal der Blaue Planet „von außen“ in den Blick.

Da halten dann selbst die wildesten Heroen für Momente den Atem in Ehrfurcht an. Im Rahmen der SommerSzene geht dies nun ohne Touristen-Visum für's Weltall. Die Kollegienkirche ist während der Sommerszene – bis Sonntag16. Juni – jeweils von 10 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. Bis 23 Uhr kann Gaia heute Mittwoch (5.6.) sowie am 7., 10., 12. und 15. Juni besucht werden. Am 10. Juni gibt es um 19 Uhr in der Kollegienkirche einen Diskussionsabend mit dem Moraltheologen Michael Rosenberger und dem Verhaltensbiologen Kurt Kotrschal. Für Kinder hat das Haus der Natur ein Begleitprogramm zu Gaia eingerichtet. Zufällig passt die Installation auch noch exemplarisch zum Motto der Sommerszene 2024 change views.

„Viele der internationalen Projekte vermitteln starke politische Botschaften“, so Intendantin Angela Glechner. Der Portugiese Marco da Silva Ferreira thematisierte in der Eröffnungsproduktion Carcaça soziale Ungleichheit und die Kraft des Kollektivs. „Wie entsteht die Identität einer Gemeinschaft zwischen Ereignissen der Vergangenheit und dem Willen, die Zukunft zu gestalten? Was soll vergessen werden und was wird wiederaufgebaut?“, sind Fragen, die Marco da Silva Ferreira in seiner Arbeit stellen will. Sein Bewegungsmaterial schöpft der Choreograph aus traditionellem Volkstanz seiner Heimat ebenso wie aus urbanen Tanzstilen. Carcaça ist heute Mittwoch (5.6.) noch einmal zu sehen. Die Regisseurin Marta Górnicka bringt mit ihrer chorischen Inszenierung Mothers – A Song for Wartime die Gräuel des Ukrainekrieges auf die Bühne. Die FrankoAlgerierin Nacera Belaza verwebt in ihrem Stück L’Onde Tanz und Musik „zu einem geopolitischen Mosaik der Körper“. In Fouad Boussoufs Stück Fêu „setzen zehn Tänzerinnen ein kraftvolles Signal weiblicher Stärke“.

Das belgische Kollektiv buren setzt sich in der Produktion shoe/farm mit der eigenen Herkunft auseinander, das serbisch-kroatische Duo Ivana Kalc und Igor Koruga will mit seiner tänzerischen Studie Why not (?) den „isolierten, verwundbaren Körper der Gegenwart“ thematisieren.Wie immer nimmt Angela Glechner heimische Produktionen ins Programm der Sommerszene: Gleich vier Premieren bestreiten Künstlerinnen und Künstler aus Salzburg. Rosana Ribeiro/Selva kreiert in A place I ache to go again einen emotionalen Ort des Dazwischenseins. Lenio Kaklea werfe zusammen mit dem BODHI PROJECT in der Arbeit Chemical Joy einen Blick auf die Jugendkultur. Nayana Keshava Bhat schreibt ein Manifesto of the Now, das Kollektiv ohnetitel lädt zu einer Tischgesellschaft im Sebastiansfriedhof. Feminist Cities heißt die performative Installation Skins des Applied Theatre zur Geschichte der Medizin.

Sommerszene Salzburg – bis 16. Juni – Termine, Ticketts und Informationen – www.szene-salzburg.net
Bilder: Sommerszene / Bernhard Müller

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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