Vom Staunen der abgebrühten Kulturmenschen
SOMMERSZENE / BILANZ
18/06/18 „Der Zuspruch des Publikums war insbesondere bei den Stücken, die sich Themen des aktuellen gesellschaftspolitischen Diskurses gewählt haben, besonders groß“, sagt Intendantin Angela Glechner über das am Samstag (16.6.) zu Ende gegangenen Festival.
„Man spürt das Interesse an Arbeiten, die gleichzeitig neue und prononciertere künstlerische Positionen beziehen“, so Glechner. „Ein Festival kann nie eindeutige Antworten auf globale Fragestellungen geben, aber neue Wege der Auseinandersetzung aufzeigen.“ Produktionen von Mette Ingvartsen, Eko Supriyanto oder Marta Górnicka wurden auf der Sommerszene zum ersten Mal in Österreich gezeigt.
Rund 11.000 Besucherinnen und besucher haben die 13 Produktionen der diesjährigen Sommerszene besucht. Mit mehr als 7000 Interessierten entwickelte sich „Of All The People In All The World“ in der Kollegienkirche zum Publikumsmagneten des Festivals: Auf poetische wie sinnliche Weise vermochte das britische Künstlerkollektiv Stan‘s Cafe das Unvorstellbare vorstellbar zu machen, indem es globale und regionale Statistiken und tagesaktuelle Ereignisse in einer mehrteiligen Installation aus fünf Tonnen Reis umsetzte.
Wie berichtet ist den Künstlern die ethisch korrekte Weiterverwendung des Nahrungsmittels ein wichtiges Anliegen, die Sommerszene spendet den Reis daher an den „Verein Initiative Ethisch Wirtschaften“ (VIEW).
Begleitet wurde das gesamte Programm in diesem Jahr vom Wiener Künstler Julius Deutschbauer, der in seinem Blog auf alle Veranstaltungen mit pointierten Texten und literarischen Querverweisen aus seiner aus 120 Büchern bestehenden Festival-Bibliothek reagierte.
Szene-Vorstand Peter Hofer: „Gerade mal sagte ein Freund zu mir: ‚Früher war alles besser: Da konnte man noch Neues sehen. Überraschendes erleben. Sich herrlich aufregen. Sich wunderbar provozieren lassen. Und staunen.' Die heurige Sommerszene lieferte den Beweis, dass er falsch liegt. Angela Glechner ist in diesem Sommer etwas Bemerkenswertes gelungen: Sie hat uns abgebrühten Kulturkonsumenten wieder einmal Staunen ins Gesicht gezaubert.“
„Zentrales Anliegen war es mir aber auch diesmal, mit Arbeiten lokaler Künstlerinnen und Künstler auf die vielfältige Szene vor Ort aufmerksam zu machen,“ betont Intendantin Angela Glechner. Wenig beachtete Orte abseits der touristischen Pfade konnte man bei der Stadterkundungstour „Stranger Home“ des Salzburger Künstlerkollektivs gold extra entdecken, das unterhaltsam Wissen und Orientierungssinn auf den Prüfstand stellte. Die bewährte Kooperation mit SEAD wurde fortgesetzt, die Salzburg Experimental Academy of Dance öffnete ihre Räumlichkeiten im Rahmen von „100 invasions ... bodies matter“ für ein Fest des Tanzes. Weiters lud die in Salzburg lebende indische Choreographin Nayana Keshava Bhat mit „Room of Inevitable End” zu einer theatralischen, performativen wie komödiantischen Reise zwischen Traum und Erinnerung.