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Zusammen ist man weniger allein

SOMMERSZENE / ROSALBE TORRES GUERRERO / LONG PAST

30/06/17 Glitzernde Lidschatten, eindringliche Musik und schweißglänzende Haut – die sechs Tänzer und Tänzerinnen des Bodhi Projects stellen ohne Worte die großen Fragen nach den Zusammenhängen zwischen Individuum und Gemeinschaft, Einsamkeit und Zusammengehörigkeit.

Von Christina König

Dunkelheit liegt über den Publikumsrängen, als die Zuschauer den Raum betreten. Die Bühne ist in rötliches Licht getaucht und erst auf den zweiten Blick fällt auf: Die Tänzer und Tänzerinnen sind schon da. Zu drei Paaren zusammengestellt sitzen oder liegen sie auf der Bühne, zwei Männer, zwei Frauen und ein gemischtes Paar. Langsam bewegen sich die Paare, drehen die Köpfe, stehen auf oder sehen einander an, um dann wieder die Ausgangsposition einzunehmen. Das Publikum tuschelt, nimmt betont leise seine Plätze ein, beobachtet die Tänzer. Dann ändert sich das Licht, die Tänzer erheben sich, die Performance beginnt.

Um das Verständnis des Individuum-Seins soll es bei der Choreografie von Rosalba Torres Guerrero gehen, um die Frage, was es bedeutet, ein selbstständiges Subjekt zu sein, wenn die Erinnerungen daran geschwunden sind. Gleichzeitig geht es um das Bilden einer neuen Gemeinschaft und um das Entwickeln eines Gefühls von Zusammengehörigkeit. Und so spielt die Performance mit Momenten der Einsamkeit und des Zusammenseins: Die Tänzer und Tänzerinnen, zunächst zu Paaren zusammengestellt, brechen diese Zweierkonstellationen immer wieder auf, finden sich zu neuen Konstellationen zusammen, wirbeln allein oder zu sechst über die Bühne. In schlichten schwarzen Jeans, mit wilden Lockenmähnen und entblößten Oberkörpern, über die bald der Schweiß rinnt, legen die Darsteller sich gehörig ins Zeug: Da tragen die Männer die Frauen und umgekehrt, die eine hockt im perfekten Gleichgewicht auf den Schultern des anderen, ein Paar wird von einem Dritten aufgebrochen, der sich zwischen sie drängt, und aristokratisch wie Kleopatra thront eine Tänzerin in der Luft, hochgehoben von zweien der Männer, während sie auf die anderen herunterschaut. Da wird gerauft, sich ineinander verknotet, gekichert, ängstlich geschaut und auch ein bisschen geküsst. Da hüpft ein Dreiergespann glücklich herum, während eine andere allein in der Ecke liegt. Mal reichen das Stampfen und das Luftausstoßen der Tänzer als Musik, mal dröhnen dramatische und doch wie von weit entfernt kommende Klänge durch die Luft, mal ist es ganz still und nur das Prasseln der Regentropfen trommelt aufs Dach. Die körperliche Leistung der Tänzer beeindruckt ebenso wie die unendlichen Variationen von Einzel- und Gemeinschaftsdarstellungen, die den langen Weg nachzeichnen, auf dem Menschen zueinander finden – oder auch nicht zueinander finden. Am Ende erlischt das Licht, es wird dunkel – und das Publikum bleibt allein mit seinen Gedanken.

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Bilder: Sommerszene / Bernhard Müller

 

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