Ein Fest der Sprachen
HINTERGRUND / PFINGSTEN
29/05/20 Als der Turm von Babel allmählich in den Himmel wuchs, ist es dem lieben Gott zu blöd geworden und er hat die hochmütigen Menschen sprachen-verwirrt. Zu Pfingsten geschah laut Bibel genau das Gegenteil: Da wurden die Apostel, eher schlicht gestrickte Menschen, plötzlich sprachenkundig.
Von Reinhard Kriechbaum
Guter Grund also, heuer im Salzburger Dom ein Fest der Sprachen anzusetzen. Das passt gut, weil sonst ist Salzburgs Bischofskirche zu diesem Termin ja stets von Tausenden Jugendlichen der Loretto-Bewegung okkupiert. Die müssen heuer aus nahe liegenden Gründen zu Hause bleiben und ihre Spiritualität virtuell ausleben.
Den ganzen Pfingstsonntag (31.5.) über werden Gläubige aus den verschiedenen sprachlichen Communitys im Dom Gottesdienst feiern. Den Auftakt macht Erzbischof Franz Lackner mit dem Hochamt um 10 Uhr. Um 12 Uhr beginnt der Gottesdienst in kroatischer Sprache, es folgen um 13.30 Uhr der Gottesdienst der afrikanischen Community, um 15 Uhr jener der philippinischen Gemeinde und um 16.30 ein italienischsprachiger Gottesdienst. Für 18 Uhr ist schließlich ein ökumenischer Gottesdienst angekündigt, und der wird auch eher polyglott, weil daran unter anderem der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic und der rumäisch-orthodoxe Priester Dumitru Viezuianu teilnehmen.
Übrigens gilt ab heute Freitag (29.5.) in den Kirchen die gleiche Regelung wie in Theatern: Die Zehn-Quadratmeter-Regel pro Gottesdienstteilnehmer wurde fallen gelassen, es reicht der Meterabstand. Das wird am Pfingstsonntag vor allem die kroatische Kirchengemeinde freuen, weil diese bildet die bei weitem die größte Gruppe unter den fremdsprachigen Katholiken in Salzburg.
Pfingsten ist der traditionelle Firm-Termin. Weil dieses Sakrament im Regelfall von einem Bischof gespendet wird (heutzutage aber meist in den Pfarren), war das einst ein Termin, zu dem sich Firmling und Patenkind in die Metropole aufmachten – in früheren Jahrhunderten für so manchen Bauernbuben die erste „Reise“, meist der erste Besuch in der Landeshauptstadt.
Firmungen sind heuer wegen Corona auf den Herbst oder das Jahr 2021 verschoben. Laut Kathpress empfangen österreichweit rund 43.300 junge Menschen in etwas mehr als 1.230 Gottesdiensten die Firmung.
Das Fest der Jugend der Loretto-Gemeinschaft hätte heuer zum 21. Mal in Salzburg stattfinden sollen. Laut Veranstaltern ist dieses jährliche Pfingsttreffen das größte Jugendtreffen in Mitteleuropa. Gewiss ist da auch in der heuer notwendigen virtuellen Form viel Glaubensfeuer zu verspüren.
Feuer ist ja neben der Taube das Pfingst-Symbol schlechthin. Diese Anregung kommt aus der Apostelgeschichte: Den Aposteln erschienen „Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder“ (Apg. 2,3). Einst knüpfte sich daran in den Kirchen ein recht theatralischer Brauch: Durch das „Heiliggeist-Loch“ in der Decke wurde zu Pfingsten brennendes Werg („Werchflocken“) auf die Gläubigen geworfen. Treffer – das Fangen mit Hüten – wurden von den Bauern als gutes Omen gegen Unwetter gesehen.