Ein Spielplan ist kein Rangierbahnhof
NACHGEFRAGT / CARL PHILIP VON MALDEGHEM
23/12/20 „Man muss in diesen verrückten Tagen optimistisch bleiben“, sagt der Landestheater-Intendant Carl Philip von Maldeghem. Theaterleute seien ohnehin Berufsoptimisten – und versuchten auch in dieser Situation das Beste für ihr Publikum zu machen. „Den Jänner haben wir bis jetzt fünf Mal umgeplant!“
Von Heidemarie Klabacher
„Normalerweise machen wir in dieser Jahreszeit die Abstimmung mit dem Mozarteumorchester für die übernächste Spielzeit und erarbeiten die Abos für die kommende Spielzeit“, erzählt Carl Philip von Maldeghem auf Nachfrage des DrehPunktKultur. In diesem Jahr komme die Spezial-Herausforderung dazu, „dass wir noch nicht fix wissen, was wir in einem Monat tatsächlich genau spielen.“ Schon der November war ein harter Schlag, „aber der Dezember ist unser arbeitsreichster und umsatzstärkster Monat“. Dennoch wollte man sich solidarisch mit der Gesellschaft zeigen und gebe bis Jänner gar keine Veranstaltungen. Das Haus am Makartplatz ist beinah verwaist, von insgesamt 340 Personen halten einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betriebsbüro die Stellung, die Öffentlichkeitsabteilung und der Portier, schildert der Intendant des Hauses und ergänzt: „In der Personalverrechnung ist auch noch jemand.“
Am 26. Dezember wird es für die Abonnenten die digitale Premiere von Schöne Bescherungen geben. Man sei weiters darauf vorbereitet, auch andere Stücke zu senden. Eine Plattform für Streaming on demand werde eingerichtet. Über die Feiertage und zwischen den Jahren bleibt der Vorhang heuer zu. „Ich arbeite seit 25 Jahren am Theater und es war seither noch nie der Fall, dass ich zu Weihnachten und zu Silvester nicht im Theater bin.“
Die Absage der Mozartwoche schmerzt auch den direkten Nachbarn und Koproduktions-Partner Landestheater. „Das geht wirklich an die Substanz“, so Maldeghem. „Die gemeinsame Produktion Mozart Moves! hätten wir als Theater ermöglichen können.“ Landeshauptmann Haslauer habe sich nicht nur für die Schigebiete eingesetzt, „sondern auch dafür, dass diese Produktion stattfinden kann“. Die Entscheidung der Stiftung Mozarteum sei nachvollziehbar und verantwortungsvoll, aber natürlich ein schwerer Schlag. Positiv in Erinnerung bleibe dennoch, so Carl Philip von Maldeghem, „dass sich Stadt und Land Salzburg so solidarisch gezeigt haben“.
„In Wien“ scheint man das alles recht geruhsam anzugehen. „Wir hatten am Montag ein Gespräch mit dem Büro der Kultur-Staatssekretärin und wollten wissen, wo der Text mit den Verordnung für Veranstaltungen ab 18. Jänner bleibt. Den gebe es noch nicht, ist uns beschieden worden“, berichtet Maldeghem. Es gebe die mündlichen Vorgaben, aber bis jetzt noch nichts Schriftliches.
Man wird sich ab 22. Jänner strikt an die bekannten Vorschriften halten. Maximal fünfzig Prozent Auslastung bedeutet fürs Landestheater, dass 345 Personen Platz nehmen dürfen. Wer vom Personal Kundenkontakt hat, werde mittels PCR-Test im Haus regelmäßig getestet. „Das Publikum wird entweder am Handy oder auf einem Papierzettel die Test-Bestätigung vorweisen müssen.“
Die „Theaterfamilie“ – und die besteht am Landestheater immerhin aus 340 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von den Ensembles über Maske und Garderobe bis zur Bühnentechnik und Tischlerei - wurde dieser Tage zur Patchwork-Familie. „Bei uns herrscht in den Proben ein klares Prinzip der Team-Trennung“, schildert Maldeghem. Die Opernsolisten zusammen mit dem Intendanten als Regisseur bildeten zuletzt die Familie Cinderella. Der Chor ist geteilt in die beiden Gruppen Chor rot und Chor blau, die strikt getrennt voneinander proben. Wie übrigens auch das Ballett-Ensemble mit Tanto … Tango! und Romeo und Julia. „In den Werkstätten arbeiten wir auch in getrennten Teams, die einen Vormittags, die anderen nachmittags.“
Im Schauspiel gibt es die Familien Heidi und Der kleine Grenzverkehr. Die Familie Schöne Bescherungen erarbeite, so berichtet Maldeghem aus der „Dispositionswerkstatt“, auch das aktuelle Stück #Ersthelfer #FirstAid. Sollte in einer Gruppe ein Coronafall auftreten, können die jeweils anderen Gruppen spielen. Im Jänner will man dann von Montag bis Donnerstag proben, gespielt wird von Freitag bis Sonntag um 15 oder um 17 Uhr. Aus Sicherheitsgründen ganz aus dem Programm genommen wurden spartenübergreifende Stücke „wo sich Musiktheater, Tanz und Schauspiel treffen“, darunter das Kinderstück Der Grüffelo. „Das sind Gedanken, die wir nie hatten“, sinniert Maldeghem.
Alle Produktionen, die im November und Dezember herauskommen sollten, „hatten natürlich längst Premieren-Reife“, betont der Intendant. „Wir hoffen, ab Jänner das alles aus der Schublade zu holen.“ Maldeghem hofft zudem – in seiner Rolle als Theatermann und Berufsoptimist – schon auch auf neue Produktionen ab Herbst und „auf einen Spielplan, der nicht nur ein Rangierbahnhof ist, mit dem, was nicht war“.