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Zeilen des Literaturnobelpreisträgers auf Birkenrinde

INTERVIEW / PRÄLAT JOHANNES NEUHARDT

11/10/19 Das vielleicht eigentümlichste Erinnerungsstück an Peter Handke, seinen langjährigen Freund, kann Prälat Johannes Neuhardt nicht herzeigen: Das Stück Birkenrinde hat er ,zusammen mit einem Konvolut von Briefen und Ansichtskarten, dem Salzburger Literaturarchiv überantwortet.

Von Reinhard Kriechbaum

„Auch die Natur hat Zeilen“, hat Peter Handke auf besagtes Stück Birkenrinde geschrieben. Es waren seine Weihnachtsgrüße an den Geistlichen 1986. Da spielte man schon eine gute Weile miteinander Tarock.

„Peter Handke habe ich durch Hans Widrich, damals Pressechef der Salzburger Festspiele, kennen gelernt“, erinnert sich Prälat Johannes Neuhardt. „Er hat uns in die Tarockrunde hinein katapultiert.“ Diese Tarockrunde sollte zu literarischen Ehren kommen, in Handkes Buch Der Chinese des Schmerzes (1983). Da ist immer wieder von besagter Tarockrunde die Rede, natürlich ohne Nennung von Namen. Wenn es dort immer wieder heißt „...sagte der Geistliche“, dann ist Neuhardt, damals Diözesankonservator und Leiter des Salzburger Dommuseums, gemeint.

Die Tarockrunde ist legendär: Neben Hans Widrich und Prälat Neuhardt gehörten ihr der Germanist Adolf Haslinger und Peter Mittermayr, langjähriger Protokollchef des Landes an.

„Meistens ist das Spiel nach wenigen Runden beendet gewesen, die Karten wurden beiseite gelegt und man diskutierte über das Problem, das der große Meister vorgab“, sagt Neuhardt. Der „große Meister“ war ja eher das Nesthäkchen in der Runde. „Damals war es das Problem der Schwelle, das ihn so umtrieb“ erinnert sich Neuhardt. „Ich habe dazu gesagt, was mir einfiel, Handke hat sich niemals Notizen gemacht, aber er hat mich auf zehn Seiten dieses Buches vollkommen korrekt zitiert, aus dem Gedächtnis. Das alles habe ich wirklich so gesagt.“ Die Tarockrunden begannen in den frühen 1980er Jahren. „Es waren ganz unregelmäßige Treffen, es gab keinen Jour fixe.“

Wie war Peter Handke, der gebürtige Griffener, überhaupt nach Salzburg gekommen? Auch Hans Widrich der später in Salzburg auch als Galerist und Herausgeber von Kunstbüchern hervortrat, war gebürtiger Griffener. „Die beiden Buben sind dem dortigen Pfarrer aufgefallen“, weiß Neuhardt. Auf dessen Vermittlung kamen die beiden nach Tanzenberg, in das bischöfliche Gymnasium der Diözese Gurk-Klagenfurt am Magdalensberg. Der Pfarrer zahlte den beiden Buben auch das Schulgeld dort, ihre Familien hätten es sich nicht leisten können. Legendär eine Bemerkung, die Handkes Deutsch-Professor in Tanzenberg fallen ließ: „Wenn einer so schreibt wie Sie, dann bekommter mit Fünfzig den Literatur-Nobelpreis.“ Handke ist dann doch 76 Jahre alt geworden, bis es so weit war.

Priester sind freilich weder Handke noch Widrich geworden. Handke lebte später eine gute Weile auf dem Mönchsberg, im Nachbarhaus des Kupelwieser-Schlössls, das Widrich bis heute bewohnt. „Solange Amina, seine Tochter, ins Gymnasium gegangen ist, wollte Handke ortsfest bleiben,“ so Neuhardt. Also blieb der Dichter für acht Jahre hier.

Neuhardt erinnert auch an die Freundschaft zwischen Handke und dem Maler Lukas Suppin, der im Schloss Freisal lebte und arbeitete. „Auch er hatte großen Einfluss auf Handke. Suppin hat ihm den Weg zurück zur Metaphysik geöffnet.“ Will heißen: Handke lernte von Suppin, dass nicht alles auf der Welt ganz schlecht ist. „Ich konnte feststellen, das die beiden einen guten und positiven Kontakt hatten.“

„Viele Postkarten habe ich von Handke bekommen, von seinen Reisen durch die ganze Welt.“ Diese hat Neuhardt dem Literaturarchiv Salzburg überantwortet, so wie besagtes Stück Birkenrinde. Rund zwanzig Eintragungen Handkes finden sich in Neuhardts vier Gästebüchern. „Sie sind immer situationsbezogen auf den Verlauf des Abends oder die gerade diskutierten Probleme.“

Am 20. August 2001 schrieb Handke ins Gästebuch: Wir wollen noch einmal spielen – und, wie Leocadi sagt: spielen wir noch einmal – noch ein anderes und ein anderes letztes Mal – So bin ich gerne bei diesem letzten Mal (lieber Johannes) Dein Peter (Handke). Leocadi war die zweite Tochter Handkes. „Sie hat bei mir ihren 8. Geburtstag gefeiert. Handke konnte das Dirndl ja nicht gut allein lassen, drum hat er es zum Tarockieren mitgenommen.“

Bilder: dpk-krie

 

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