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Ein Zündfunke für die Musik

HINTERGRUND / 50 JAHRE MUSIK-MITTELSCHULE (1)

21/06/23 Es ist beinahe ein Treppenwitz der Musikgeschichte. Die erste Musikhauptschulklasse in Österreich wurde vor fünfzig Jahren dort eröffnet, wo einst der Barockkomponist Johann Joseph Fux Zögling war – und das Weite suchte. Im Ferdinandeum, damals eine kirchliche Einrichtung für bedürftige Studenten.

Von Reinhard Kriechbaum

Was auf der heute an dieser Schule angebrachten Gedenktafel tunlichst verschwiegen wird: Es hat den musikalischen Buben nicht lange in dem von Jesuiten geführten Ferdinandeum gehalten. „Profugit clam“, vermeldet die Schulchronik, er sei heimlich entflohen. Es gibt nur lückenhaftes Wissen, wie es mit Johann Joseph Fux weitergegangen ist – bis er als habsburgischer Hofkapellmeister und -komponist in Wien auftaucht. Also als Nummer eins im damaligen Musikleben in Wien...

Aus dem Ferdinandeum ist später eine Knabenhauptschule geworden – und dort gab es Anfang der 1970er Jahre einen hoch ambitionierten Musiklehrer, Wolfgang Stern. Er hat die erste Hauptschul-Musikklasse ins Leben gerufen und mit diesem seinen Modell eine Initialzündung provozierte.

„Eine für heute nahezu undenkbare positive Stimmung erzeugte schon die Werbung für die erste Musikklasse an einer österreichischen Hauptschule“, erinnert sich Wolfgang Stern. „Es war Neuland für 22 Schülerinnen und Schüler, sechs Mädchen und sechzehn Knaben.“ Nicht nur, weil ab diesem Zeitpunkt auch Mädchen unterrichtet wurden. „Die positive Stimmung spornte uns gegenseitig an, es war einfach phantastisch, da mitten drinnen zu sein und Schulgeschichte in Österreich machen zu dürfen.“

Das Konzept einer musikalischen Sonderform im Pflichtschulbereich wurde bald im ganzen Land aufgegriffen. Aus der Hauptschule ist die Mittelschule geworden. Über hundert dieser Schulen in ganz Österreich werden derzeit mit musikalischem Schwerpunkt, also als Musik-Mittelschulen geführt. Die Stundentafel, die von Anfang an auch Instrumentalunterricht, Ensemblespiel und Chorgesang vorsah, erweist sich bis heute als sehr praxistauglich. Relativ schnell sind die Musikhauptschulen in das Regelschulwesen übernommen worden, gleichzeitig übrigens mit den Sport- und Schihauptschulen. 1975 wurde der erste Lehrplan mit eigener Stundentafel für das Fach Musikerziehung erlassen.

„Nachträglich kann ich behaupten, dass wirklich viel Mut und Unterstützung im Kollegium, bei den Eltern und den Schulbehörden, aber besonders bei den Medien – heute einfach unvorstellbar – zum Erfolg in der Entwicklung der ersten Musikklasse führten“, so Wolfgang Stern. „Im Spätherbst 1973 war schon das Fernsehen in der Schule.“ Am Tag nach einem Bericht im „Österreichbild“ der ORF habe sich ein Musiklehrer aus Götzis in Vorarlberg gemeldet und Interesse gezeigt. „Die Hauptschule Götzis startete dann wirklich ein Jahr später mit einem gleichen Schulversuch. Die Berichterstattung der Medien bei der Weiterentwicklung war ganz wichtig und sogar entscheidend.“

Es folgten Musikhauptschul-Gründungen in Linz und Bregenz. Im Schuljahr 1976/77 wurde neben zwei Schulen im Burgenland auch die erste Musikhauptschule im Bundesland Salzburg eingeführt, in Lamprechtshausen. (Wird fortgesetzt)

Bilder: Festschrift „Musik bildet Herz & Hirn – 50 Jahre Musikhauptschule“
Folge 2 In Lamprechtshausen ging es los
Folge 3 Mit Kreativität zu Starmania
Folge 4 Ein Wohlfühlklima für junge Menschen und Lehrer

 

 

 

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