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Seit 1592. Jetzt ist Schluss.

MAYRISCHE BUCHHANDLUNG / UNIVERSAL EDITION

26/08/20 Flötenduos für Volksschulkinder? Eine Klavierschule für einen Erwachsenen mit verblasster Notenkenntnis? Die schönsten Stücke für die Klassische Gitarre? Oder doch die Einzelstimmen von Schönbergs erster Kammersymphonie? In der Mayrischen werden Laien, Profimusiker und Orchester virtuos versorgt. Leider nicht mehr lang.

Von Heidemarie Klabacher

Christof Subklew und sein Team haben mit sicherem Griff immer das Richtige bei der Hand. Aber nicht mehr lang. Der Filialleiter bestätigt, dass „unsere Konzernmutter, die Universal Edition Wien“ beschlossen habe, „den Standort Salzburg voraussichtlich zum Ende September zu schließen“. Diese Information „sind wir in Salzburg unseren Kunden schuldig“. Geben wir also, auch ohne offizielle Bestätigung seitens der Universal Edition, schon mal die Hoffnung auf. Es ist demnächst aus mit der Mayrischen in der Theatergasse.

Das Geschäfte-Sterben in diesem Herzstück der rechten Salzachseite innerhalb weniger Jahre ist besorgniserregend: der Zeitschriftenhändler Humer, die Trafik Fenninger, der legendäre Feinkostladen Kölbl... Über das seit gefühlten Jahrzehnten leer stehende Kleidergeschäft oder das Blumengeschäft Strasser, das immer auch so schöne alte Keramikfließen in der Auslage hatte, reden wir gar nicht. Immerhin ist neben dem Kartenbüro der Stiftung Mozarteum in gleich mehrere der leerstehenden Lokalitäten inzwischen das Kartenbüro des Landestheaters eingezogen.

Die Mayrische war nicht immer in der heutigen Theatergasse angesiedelt. Gegründet 1592, gab es Geschäftsstandorte in der heutigen Sigmund-Haffner-Gasse und auf dem heutigen Alten Markt. 1919 inseriert Otto Neugebauer die Geschäftsverlegung in das Haus Bismarckstraße 18 nächst Bazar. In dem Gebäude ist der Musikalienladen immer noch.

Das bekannte Zitat von Constanze Mozart kennt der gelernte Salzburger. Sie „begehrte“, sich einen der ersten Abdrucke der Mozart-Biographie von Nissen durch die Mayrische Buchhandlung „überschicken“ zu lassen. Das schrieb sie am 27. September 1828 in ihr Tagebuch. „Die Mayrische Buchhandlung nimmt Bestellungen an“, heißt es 1805 in einer Annonce im Intelligenzblatt von Salzburg für den Europäischen Aufseher. Das war eine Zeitung, „welche die Beförderung der Aufklärung, der Tugend und des Vergnügens der Menschen zur Absicht hat“. Artikel Nr. 82: Über die Schädlichkeit der Privattheater.

Seit 1994 jedenfalls gehört die Mayrische Musikalienhandlung zum Musikverlag Universal Edition (in Wien betreibt diese auch weiterhin Musik Müller in der Krugerstraße).

Die Universität Mozarteum: Zu. Das Musikum: Zu. Die Internationale Sommerakademie Mozarteum, die Jahr für Jahr rund neunhundert Teilnehmer aus rund sechzig Ländern nach Salzburg lockt: Abgesagt. In den letzten Monaten wurde nicht viel Notenmaterial verkauft...

Touristen waren zwischendurch auch nur wenige in der Stadt. Wenn diese auch kaum eine Gesamtausgabe der Schubert-Lieder im Plastiksackerl mitnehmen – es gibt in der Theatergasse ja auch ein solides Angebot an Büchern über Musik, Musiker und Komponisten. Und selbst wer nur ein kleines musikalisches Mitbringsel wie Notizheft und Bleistift mit Noten drauf oder eine Dose Caruso-Hustenzuckerl sucht, wurde bisher dort fündig.

Schlimm, wenn ein Geschäft kein Geschäft mehr macht. Das Kerngeschäft der Universal Edition ist das Herstellen und internationale Vertreiben von Noten, nicht der Verkauf en detail. Das muss gerechterweise gesagt werden. Die UE hat Standorte in New York oder London und Vertretungen zwischen Buenos Aires und Beijing. Bromma in Dänemark ist für die Noten-Versorgung ziemlich vieler Länder zwischen Est- und Irland zuständig.

1901 in Wien als „Universal Edition Actiengesellschaft“ gegründet, verlegte und verlegt die UE Komponisten von Mahler, Schönberg, Berg und Webern über Bartók, Kodály, Weill oder Krenek bis herauf zu Wolfgang Rihm, Beat Furrer, Georg Friedrich Haas oder Johannes Maria Staud: „Die Verlagsgeschichte der UE ist also in einem großen Teil identisch mit der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts, das Verlagsverzeichnis der UE umfasst derzeit rund 32.000 Nummern“, heißt es nicht zu Unrecht stolz in der Firmengeschichte auf der Website. Die UE hat Niederlassungen und Vertretungen in aller Welt. Namhafte internationale Musikverlage von Schott über Ricordi bis zur Oxford University Press werden in Österreich von der UE vertreten. So viel Internationalität. Und die Musikstadt Salzburg wird künftig ohne Notengeschäft da stehen. Auch ein Musikverlag muss Geld machen. Wenn also ein Standort defizitär wird? Buchhalter von Notenhändlern ticken nicht anders, als jene von Geschirrgeschäften.

Bilder: dpk-klaba

 

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