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Von „Bierlytanien“ und Spatzen

BACHGESELLSCHAFT / ALFREDO BERNARDINI

17/08/19 Eine längst lieb geworden, von Kennern geschätzte lokale Tradition: Immer zu Maria Himmelfahrt widmet sich die Salzburger Bachgesellschaft hiesiger Sakralmusik, auch heuer wieder in der Pfarrkirche Mülln.

Von Horst Reischenböck

Litaneien sind als Kompositionen längst aus dem kirchlichen Gebrauch verschwunden. Gebräuchlich waren sie aber im 17. und 18. Jahrhunder, vor allem jene nach dem Wallfahrtsort Loreto benannten „Lauretanischen“. Boten erst jüngst die Festspiele mit einem opulent besetzten Es-Dur-Werk von Vater Mozart ein entsprechendes Beispiel, so lieferte die Bachgesellschaft Donnerstag (15. 8.) in der Pfarrkirche Mülln dessen in F-Dur stehendes Gegenstück LMV II:F1. Auch diese Litanei war für den Dom gedacht, für Mülln wählte man aber eine schlanke Begleitung: nur zwei Violinen, Violone, Orgel. Auf die Posaunen, die ohnedies nur die tiefen Stimmen des Chors unterstützen, verzichtete man.

Es ist „Gebrauchsmusik“, in der zwischen Kyrie und Agnus die heilige Maria ständig als Mutter, Jungfrau, Morgenstern, Heil der Kranken und Königin sowohl der Engel als auch jener aller Heiligen angerufen wird. Leopold Mozart selbst stand solchen „gebetsmühlenartigen“ Wiederholungen später durchaus kritisch gegenüber, weil sie, wie er 1786 in einem Brief schreibt, zu „Bierlytanien“ degenerierten, „damit die Leute nur geschwind wieder auf die Bierbank kommen.“

Das Hauptinteresse in dieser Konzertstunde galt dem Unterschied zu Wolfgangs Litaniae Lauretanae Beatae Mariae Virginis in B-Dur KV 74e (109), nach Vorbild und mit direktem Bezug auf die Komposition des Vaters für eine Maiandacht in der damals Hofkapelle von Schloss Mirabell geschaffen. Dieses Werk ist, dem Uraufführungsort angepasst, ebenfalls schlank instrumentiert, zusätzlich aber auch durch ariose solistische Wechsel aufgelockert. Das Werk eines 15jährigen frappiert ob seiner schmerzerfüllten Vorhalte und Moll-Trübungen bis hin zur pianissimo verhauchenden Bitte um Erbarmen.

Die beiden Stücke im Vergleich: Da zeigte sich der Unterschied von beachtlichem handwerklichen Können (beim Vater) und eben Genie (beim Sohn).

Dazwischen stand die wegen der Zwitscher- und Tschilp-Tönen der Geigen im Hosanna später so betitelte Spatzenmesse in C-Dur KV 196b (220). Auch wenn Alfred Einstein sie als Mozarts „schwächstes kirchenmusikalisches Werk“ abqualifizierte, ist diese erste Missa brevis et solemnis eine der beliebtesten. Fürsterzbischof Colloredo wünschte sie kurz und zugleich mit Trompeten und Pauken festlich für einen von ihm zelebrierten Gottesdienst.

Entsprechend damaligem liturgischem Ablauf erklang nach dem Gloria die Epistelsonate KV 263 und nach dem Credo Leopold Mozarts „Parasti mensam“ LMV III:7. Die nötigen acht Instrumentalisten der Viva Musica Salzburg beflügelte Dirigent Alfredo Bernardini, Spezialist für Musizieren auf historischen Instrumenten und Professor an der Universität Mozarteum. Dort studieren auch Bettina Meiners, Donata Meyer-Kranixfeld und Marcia Sacha (aus den Reihen des Collegium Vocale der Salzburger Bachgesellschaft), die einander in den Sopransoli vorzüglich und sicher in den Höhen abwechselten.

Bild: alfredobernardini.com / Arnold Ritter

 

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