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Zutiefst menschlich

KULTURVEREINIGUNG / WDR SINFONIEORCHESTER / SARASTE

15/11/18 Vor 45 Jahren holte Herbert von Karajan das damalige Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester zur Uraufführung von Carl Orffs De temporum fine comoedia zu den Festspielen. Nun gastiert das WDR Sinfonieorchester Köln unter seinem Chefdirigenten Jukka-Pekka Saraste und mit dem Cellisten Alban Gerhardt drei Tage lang in Salzburg bei der Kulturvereinigung im Großen Festspielhaus.

Von Horst Reischenböck

Der Cellist Alban Gerhardt war der Solist im Konzert für Violoncello und Orchester g-Moll von Dmitiri Schostakowitsch. Schostakowitsch widmete sich in diesen Jahren verstärkt dem Violoncello, betrat aber 1966 mit dem zweiten Cellokonzert op. 126, persönliches Neuland. Vom Biografen Krzysztof Meyer als „eigentlich konzertante Sinfonie“ erkannt, setzt das Werk trotz des fordernden Soloparts eben nicht auf pure Virtuosität. Der Cellist Alban Gerhardt hatte bei seinen Salzburg-Auftritt dennoch keine leichte Aufgabe, als er sich am Mittwoch (14.11.) im Großen Festspielhaus dem anspruchsvollen Part widmete.

Im Widerspruch zu der in UdSSR-Zeit durch Natalja Lukjanowa formulierten Ansicht, der erste Satz künde „von strengem, episch verhaltenen Nachdenken über das Leben, die Ewigkeit und, vielleicht, den Ruhm“ führte Gerhardt stattdessen vom Einstieg im Alleingang an nahezu permanent tief versponnen und tonschön sein Instrument in eine durch und durch pessimistische Aura. Diese bestimmt das ganze Werk und wird selbst durch die nachfolgend für Schostakowitsch typische Groteske nicht aufgehellt.

Dialog von Solo und Schlagwerk lösen Glissandi ab und das Finale stellt dann vollends dramatischen Ausdruck vom Komponisten persönlich erfahren bitteren Leidens dar. Der Schluss bedeutet – nach Fanfaren wie zum jüngsten Gericht in Vorwegnahme der Spieldosenmechanik wie später in Schostakowitschs 15. Sinfonie – leise verdämmernd unpathetisches Sterben.

All dies war kein der Anstrengung entsprechend bewusst „gemachter“ Effekt, sondern wurde von Alban Gerhardt subtil vermittelt. Um die begeisterten Hörer in dieser dunklen Stimmung nicht in die Pause zu entlassen, hellte er diese mit der Humoreske seines großen Kollegen Mstislav Rostropovich – dem Uraufführungscellisten und Widmungsträger des Konzertes – virtuos auf.

Danach setzte sich Gerhardt ans zweite Cellopult mitten ins Orchester und spielte mit, als Jukka-Pekka Saraste die rheinischen Gäste ins Es-Dur von Ludwig van Beethovens Eroica trieb. Das WDR Sinfonieorchester, mit Natalie Chee als Gast-Konzertmeisterin, erwies sich auch in Beethovens Sinfonie Nr. 3 op. 55 als in allen Instrumentengruppen perfekt ausbalanciert und begeisterte mit seinen exzellenten Horn- und Holzbläsersolisten. Den kämpferischen Kopfsatz entfachte Saraste hart und schlagtechnisch exakt entlang von Beethovens Metronom-Ansichten. Danach differenzierte er im Trauermarsch subtil das Gedenken an die Tragik menschlichen Scheiterns, der er dann bejahend mit dem positiv jubelnden Scherzo und in den abschließend weiter triumphal aufgipfelnd genommenen Variationen genauso präzise gegensteuerte. Der erneut begeistert aufbrausenden Zustimmung setzte das kaum je allein zu hörende Scherzo aus Franz Schuberts Sechster mit seinem strahlenden C-Dur das Tüpfelchen auf das „i“.        

Heute Donnerstag (15.11.) und morgen Freitag (16.11.) stehen das Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129 von Robert Schumann und Anton Bruckners Symphonie Nr. 6 A-Dur auf dem Programm der Konzerte jeweils um 19.30 im Großen Festspielhaus – www.kulturvereinigung.com
Bild: Kulturvereinigung / Kaupo Kikkas; Felix Broede

 

 

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