Auf königlichen Chefposten
CD-KRITIK / MATTHEW DUBOURG
23/10/19 Matthew Dubourg: Festgeschrieben ist sein Name in der Musikgeschichte, weil er – befreundet mit Händel und unumstrittener Musik-Impresario in Dublin – dort am 13. April 1742 den Messias aus der Taufe gehoben hat.
Von Reinhard Kriechbaum
Auch der Titel der vorliegenden CD, die an Matthew Dubourg als einen der wegweisenden Geiger seiner Zeit, aber auch an ihn als Komponisten erinnert, hat unmittelbar mit Händel zu tun. Charles Burney überliefert die Anekdote: Unter Händels Leitung wurde, ebenfalls 1742, in Dublin dessen Serenata Hymen aufgeführt, Dubourg war Konzertmeister. In einer Arie soll er es mit einer improvisierten Kadenz ziemlich bunt getrieben und sich mächtig verflogen haben. Als der Geiger schließlich doch wieder zurückfand in den gesicherten Hafen von Händels Partitur, soll dieser fürs Publikum deutlich hörbar festgestellt haben: „You are welcome home, Mr. Dubourg.“ Als Pointe lässt am Ende der Werkfolge die Geigerin Sophie Gent hören, wie sich dieser Improvisations-Ausflug angehört haben könnte.
Über die Händel-Connection hinaus gibt es andere gute Gründe, sich mit Matthew Dubourg zu beschäftigen. Über seinen Lehrer Francesco Germiniani war der 1703 in London geborene Musiker ein Enkelschüler von Arcangelo Corelli. Zu mehreren Sätzen aus dessen Violinsonaten op. 5 sind handschriftliche Verzierungen erhalten – im Original gibt es sie leider nicht mehr, denn die Blätter, zuletzt im Nachlass des Musikforschers Marc Pincherle, sind seit 1975 verschollen. Auf Mikrofilm freilich sind sie glücklicherweise erhalten geblieben. Sophie Gent hat für diese CD als Beispiel die Sonate in A-Dur op. 5 Nr. 9 aufgenommen. Durchaus aufschlussreich auch der unmittelbare Vergleich zwischen einem Konzert von Vivaldi und Dubourgs einzigem erhaltenen Violinkonzert in D-Dur. Da sind die Orchesterritornelle doch deutlich schlichter, aber was der brillante geiger sich selbst in die Finger geschrieben hat, ist allemal lohnend und hat melodischen Charme.
Kostproben für die Geigenkunst sind auch Variationen über irische Volksmelodien, Ciste nó stór für Solovioline und Dubourgs Maggot für zwei Geigen. Fast lauter Ersteinspielungen enthält die CD, wobei man Dubourgs Kompositionstätigkeit hauptsächlich mit Oden für königliche Geburtstagsfeiern auf Dublin Castle illustriert. Etwa die 1739 zu dem Anlass entstandene Ode Crowned with a more illustrious light, eine kantatenhafte Abfolge von Chören, Arien und Instrumentalstücken. Das hat natürlich nicht Händel'sche Tiefe, aber vor allem in den Chorsätzen ist er als Vorbild eindeutig herauszuhören. Dubourgs Trumpet tune könnte man in ein Werk von Händel einschmuggeln, ohne dass es auffiele.
„Chief Composer an Master of His Majesty's Musick attending the State in Ireland“ war Dubourgs offizieller Titel in Dublin. Er ist oft hin und her gereist zwischen Dublin und London, wo er ebenfalls wohl gelitten war und einige offizielle Ämter bekleidete. Unter anderem leitete er hier „Her Majesty's Band of Musick“, das Kammerorchester der Queen.