Schlagzeug-Hochburg Salzburg
CD-KRITIK / CHRISTOPH SIETZEN
25/06/19 Ein junger Schlagwerker muss sich klarerweise an dem zum Star dieser Szene gewordenen Martin Grubinger messen lassen. Der gebürtige Salzburger Christoph Sietzen, 26 Jahre jung, beweist seine Klasse mit zeitgenössischer Musik und als Leader von The New Quartet zusätzlich in Bach-Adaptionen.
Von Horst Reischenböck
Jüngst konnte man ihn in der Bachschmiede Wals hören. Als Zwölfjähriger trat er bereits bei den Salzburger Festspielen auf. 2014 war Sietzen Preisträger des ARD-Wettbewerbs in München. Seither zählt Frozen in Time von dem 1975 in Israel geborenen Avner Dorman zu seinem Repertoire. In dem rundum prall gefüllte Werk (das übrigens Martin Grubinger uraufführte) kann Sietzen seine Kompetenz so recht ins Rampenlicht zu rücken. Und es stehen ihm ausgefuchste Partner zur Seite, das Rumänische Nationale Symphonie Orchester unter Christian Mandeal.
Drei packende Teile, betitelt Indoafrica, Eurasia und The Americas, fordern höchstes technisches Können. Den Kopfsatz bestimmen vorerst südindische Rhythmen, das Finale verbindet virtuos Bossa Nova, Samba und Tango mit Jazz-Motiven. Inmitten ließ sich Dorman von Wolfgang Amadé Mozart anregen: Der Solopart, nur auf Metallophon reduziert, beschwört Siciliano-Stimmung.
Als Kontrast dazu bietet die eben erst erschienene CD das Konzert „Incantations“ des 2016 verstorbenen Finnen Einojuhani Rautavaara, der sich darin weit neo-spätromantischer gebärdete. Intimer und kammermusikalischer wirkt der Dialog mit dem Orchester über weite Strecken hinweg, ideales Futter für den als „Belcanto-Percussionisten“ gerühmten Christoph Sietzen. Ein Muss, und nicht nur für alle Freunde wirbelnden Schlagwerk-Könnes.
Sietzen war 2017/18 „Rising Star“ der European Concert Hall Organisation ECHO. Schon ein Jahr vorher ging er mit The Wave Quartet in den Großen Saal der Anton Bruckner Privatuniversität Linz, um erneut mit Michi Gaigg und ihrem L‘Orfeo Barockorchester Cembalo-Konzerte von Johann Sebastian Bach auf Marimbas zu musizieren. Warum auch nicht? Die Arrangements schuf Bogdan Bácanu, der am Mozarteum bei Peter Sadlo studierte. Um ein Tasteninstrument zu ersetzen, bedarf es zweier Marimbas, auf denen Bácanu einst zusammen mit Katarzyna Myćka und dem Nationalen Radio Orchester Bukarest die Konzerte BWV 1052, 1054 und 1056 spielte. Bácanu rief The Wave Quartet ins Leben, zu dem bereits damals Christoph Sietzen als jüngster im Bunde zählte. Peter Sadlo leitete damals in den Doppelkonzerten BWV 1060, 1061 und 1062 das auf Originalinstrumenten musizierende Ensemble Salzburg Barock.
Das d-Moll-Konzert BWV 1052, die Konzerte in C-Dur BWV 1061 und c-Moll BWV 1065 werden in der jüngsten Aufnahme getoppt durch Bachs Vivaldi-Adaption im a-Moll-Konzert für 4 Cembali BWV 1065. Dafür braucht's nicht weniger als acht Marimbas!
Laut Siezen sei es von Anfang an darum gegangen, „die Marimba für Bach zu bearbeiten und nicht umgekehrt.“ Eine „Liebe zur Barockmusik“, die zusammen mit dem klanglich etwas im Hintergrund agierenden L‘Orfeo Kammerorchester als „Kombination von Vivaldis genialer Leichtigkeit und Bachs Komplexität eine faszinierende Symbiose“ ergibt. Durchaus reizvoll.