Der richtige Kopf in der Auslage
THEATER ABTENAU / DER BOCKERER
18/08/22 „Hast du den Kopf des Führers schon in die Auslage gehängt?“ fragt Binerl ihren Mann Karl Bockerer. „Wozu? Ich hab eh den Schweinskopf draußen“, antworte dieser. Eine der klassischen Pointen aus einem „klassischen“ Theaterstück. Das Theater Abtenau spielt ab Samstag (20.8.) den Bockerer.
Karl Bockerer ist kein Held. Er ist ein Mensch mit Hausverstand, der sieht, dass die Nazis mit ihren Rassengesetzen ins Verderben führen. Diesem Wahnsinn wird er nicht folgen. Die Autoren Ulrich Becher und Peter Preses lassen uns hier auch über den Rassenwahn lachen: „Rassenrein?“, fragt Bockerer , „Ist unser Hansi jetzt ein Dackel, oder was?“ Aber er steht damit alleine da: Sein jüdischer Freund Rosenblatt muss auswandern, sein alter Freund Hatzinger versucht, es allen recht zu machen, seine Frau Binerl ist begeisterte NS-Viehfrauenschaftlerin und sein Sohn Hans ist gar SA-Scharführer.
„Es darf gelacht werden in unserem „Bockerer“, aber wir ersparen unserem Publikum die Konfrontation mit den Grausamkeiten des NS-Regimes und seiner Handlanger nicht“, sagt Veronika Maecke-Pernthaner, die in Abtenau Regie führt. „Anton Zwilling lässt uns mit seiner eiskalten Darstellung des SS-Offiziers Gstettner erschauern und ekeln.“ Original-Filmsequenzen führen in die Schauplätze und Szenen ein.
„Ohne Menschenmasse hätten Juden nicht auf offener Straße misshandelt und Widerstandskämpfer nicht einfach abgeführt und erschlagen werden können“,erklärt die Regisseurin.
„Die Opportunisten kommen in unserer Inszenierung daher, wie der gern zitierte 'kleine Mann', freundlich und im Dirndl und Trachtenmantel. Am Ende verwalten sie den Niedergang mit derselben Hingabe, mit der sie ihn vor wenigen Jahren befeuert haben.“ Das tausendjährige Reich zeigt sich zu Beginn in scheinbar makellosem Braun. Bei näherem Hinschauen entpuppt es sich als billiges Packpapier, durch welches bald Blut schimmert.
Ein groß dimensioniertes Projekt: Zwanzig Leute stellen 29 Figuren dar und fungieren dazu in Erschießungs- und Trauerszenen als Statisten. Ein letztes Mal zieht man im Theater Abtenau die Register mit entsprechendem Bühnenzauber: Es ist ja die letzte Produktion hier, bevor dieses Haus geschlossen wird. (Theater Abtenau/dpk)