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Kilometer statt Zentimeter

SUPERGAU / FESTIVAL

28/10/19 Das neue Festival für Zeitgenössische Kunst Supergau will im Mai 2020 Kultur aus dem Kernreaktor der Landeshauptstadt in die äußeren Regionen strahlen lassen. Der Ausstellungsraum umfasst dabei 1.005 km2, es ist der gesamte Flachgau.

Von Franz Jäger-Waldau

Der Titel „Supergau“ ist bewusst gewählt: „Wir wollen etwas riskieren“, meint Landeshauptmann-Stellvertreter Schellhorn über das 480.000 Euro schwere Unterfangen. „Mit dem neuen Festival wollen wir speziell im ländlichen Raum mehr Verständnis für zeitgenössische Kunst, mehr Vertrauen in ihre Qualität und eine erhöhte Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit dafür erreichen.“

Für Kuratorin Tina Heine ist diese knappe halbe Million Euro ein „künstlerisches und soziales Experiment“ wert: „Supergau ist eine Herausforderung für alle Beteiligten, birgt es doch durchaus Potenziale des Scheiterns. Diese werden sich meiner Meinung nach nur im gemeinsamen Handeln und mit neuen Formen der Zusammenarbeit vermeiden lassen.“

Zusammen mit dem Kuratoren-Kollegen Theo Deutinger will sie den Flachgau zum Labor einer kulturellen Kernreaktion machen. „Das Klischee, der Bevölkerung am Land sei zeitgenössische Kunst nicht zuzumuten, wollen wir aufbrechen. Kunst ist immer eine Zumutung“, fügt Deutinger an. Der Flachgau teilt sich in 40 Prozent landwirtschaftliche Fläche, 40 Prozent Wald, 4 Prozent Wasser und 16 Prozent sonstige Flächen, darauf wandeln rund 150.000 Bewohner. Supergau wil auch die Austragungsorte dezentralisieren: Alle Veranstaltungen des Festivals werden in Außenräumen stattfinden, „es können auch zwei Kilometer lange Kunstwerke eingereicht werden“, so Deutinger. Diesem Bild stimmt Tina Heine zu: „Kunst denkt immer in Zentimetern, sie könnte auch in Kilometern denken.“ In der geografischen Mitte des Flachgaus soll allerdings ein Festzelt stehen, das für die Festivaldauer mit Konzerten, Ausstellungen und Performances bespielt wird und Ausstellungsort dient.

Die Idee, dem Museumsmonopol der Städte die Landschaft selbst als offenen Ausstellungsraum entgegenzusetzen, lässt sich bislang allerdings nicht lückenlos durchführen: Die Frage, wie Normalsterbliche mit begrenzter Zeit und Kapital – Legenden erzählen, manche unter ihnen besäßen keine eigenen Autos – über die 1.005 km2 des Flachgaus verteilt werden sollen, bleibt noch unbeantwortet. „Wir verstehen Supergau allerdings nicht als ein konventionelles Festival, bei dem jede einzelne Veranstaltung besucht werden muss“, erklärt Tina Heine. Sie sieht auch dieses Problem als Teil des Wachstumsprozesses des jungen Festivals, der erst als ein „gemeinsames Suchen zusammen mit den KünstlerInnen“ vervollständigt wird.

Auf Basis einer öffentlichen Ausschreibung haben Kunstschaffende die Möglichkeit, sich einzubringen. Für die Projekte selbst stehen 200.000 Euro zur Verfügung. Der Vorbereitungszeitraum beginnt mit der offiziellen Bekanntgabe aller Mitwirkenden aus der öffentlichen Ausschreibung im März 2020. Einreichungen sind bis 31. Jänner 2020 möglich, präferiert werden Vorhaben, die etwa mehrere Kunstsparten umfassen, zu Partizipation und Dialog einladen oder orts- und regionsspezifisch sind. Im Zentrum stehen Themen des ländlichen Raums, des Landschaftsraums oder der Soziologie des Verhältnisses von Stadt und Land. 30-35 künstlerische Arbeiten sollen schließlich mit 1000 bis 30.000 Euro bei ihrer Verwirklichung unterstützt werden.

Nähere Informationen zur Ausschreibung -  www.supergau.org
Bild: Land Salzburg / Leo Neumayr
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