Ein Ort zum Träumen
NEU IM KINO / DIE GÄRTNERIN VON VERSAILLES
30/04/15 Lange hat er die Regiearbeit ruhen lassen, jetzt kommt er zum zweiten Mal als Regisseur zurück in die Kinos. Alan Rickman inszenierte mit viel Liebe zum Detail „Die Gärtnerin von Versailles“ und zeigt eine authentische Mischung aus wahren Begebenheiten und fantasievollen Wunschvorstellungen.
Von Larissa Schütz
Ganz hat er es sich doch nicht nehmen lassen, selbst zu spielen, doch sind Alan Rickmans Auftritte als König Louis XIV. von Frankreich gezielt gesetzt. Gegenwärtig indes dessen fast unmöglich zu verwirklichen scheinender Traum eines prunkvollen und extravaganten Parks für Schloss Versailles. Wie ein Damoklesschwert hängt diese vermeintliche Utopie über den Köpfen der Landschaftsgärtner.
Einen prächtigen Barock-Park, getrimmt und geschmückt mit allem, wie es noch nie vorher da gewesen ist. So lautet der Auftrag, den André Le Nôtre (Matthias Schoenaerts) vom König erhält. Da er alleine die zahlreichen gewünschten Raffinessen nicht bewältigen kann, ist der Landschaftsgärtner auf Unterstützung angewiesen. Und nach unendlich vielen Bewerbungsgesprächen fällt seine Wahl ausgerechnet auf eine Frau. Noch dazu eine, die sich den absolutistischen Formen und Konventionen des französischen Hofes so gar nicht beugen mag. Ihr Name: Sabine de Bara (Kate Winslet).
Was im ersten Moment wie eine klischeebehaftete „Starke Frauen-Story“ anmutet, entpuppt sich im Verlauf des Films als Porträt einer gebrochenen Frau, die daran scheitert, mit einem dunklen Kapitel ihres Lebens abzuschließen. Mit ihren sehr naturgetreuen und wilden Anlagen des Privatgartens schafft sie es, Le Nôtre endgültig zu überzeugen (wodurch sich auch der Originaltitel „A little Chaos“ erschließt). Richtig überzeugt zeigt er sich dennoch nicht. Schoenerts spielt die Rolle des Landschaftgärtners mit einer Mischung aus Überheblichkeit und Traurigkeit und erst fast am Ende gewährt er Einblick in seine Gefühlswelt. Das Sabine de Bara damit nicht wirklich umzugehen vermag, ist daher nicht erstaunlich. Genug anderes schwirrt in ihrem Kopf umher.
Dass Kate Winslet eine Expertin für Rollen mit inneren Konflikten ist (man erinnere sich nur an ihre brillante Darbietung im „Vorleser“), beweist sie hier erneut und so hat ihre Sabine de Bara selbst dann noch etwas von einer weiblichen Verletzlichkeit, wenn sie mit ihren Händen im verschlickten Unterholz gräbt.
Es sind die auf den ersten Blick unwichtig erscheinenden Momente im Film, in denen Rickman seine Figuren tiefe Einblicke in ihren Charakter zeigen lässt. So kann sich zum Beispiel der König durch eine unfreiwillige Verwechslung einen Nachmittag lang seinem Schmerz über den Tod seiner Frau hingeben.
Und auch für den ein oder anderen komischen Moment findet Rickman Platz, zumeist in Szenen mit dem dauerplappernden, ausschweifenden und homosexuellen Königsbruder, dem Herzog von Orleans (Stanley Tucci). Den hat es, auch wenn er sehr karikiert erscheint, tatsächlich gegeben, im Gegensatz zur Hauptfigur des Films, Sabine de Bara.
Zwischen all den aufregenden Handlungssträngen findet der Film vor allem in den wunderschönen Szenenaufnahmen der wilden Natur seine Ruhe. In allerlei Detailaufnahmen erhält man im Laufe des Films einen Eindruck von den baulichen Fortschritten im königlichen Park – und man empfindet es fast als schade, wenn nach einem großen Zeitsprung am Ende plötzlich der fertige Park im Bild erscheint. Sieht man dann in den groß angelegten Kamerafahrten das endgültige Resultat, wünscht man sich doch, es hätte sie gegeben: die Gärtnerin von Versailles.