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Natürlich sind alle längst digital

HINTERGRUND / FILMWIRTSCHAFT

08/07/20 Als älterer Kulturjournalist erinnert man sich noch, wie einst Filmrollen per Bahn längs und quer durch Österreich bugsiert wurden. Da kam der jeweils aktuelle Blockbuster auf Celluloid in den mittleren Vormittagsstunden in Salzburg an, dann wurde eilends eine Pressevorführung gestartet. Im Regelfall Donnerstag Vormittag, auf dass am Freitag in den lokalen Medien eine aktuelle Besprechung erscheinen konnte.

Von Reinhard Kriechbaum

Hatte der Filmvorführer im (meist Wiener) Kino, wo sich die Rollen des jeweiligen Films am Vorabend noch drehten, spätabends den Zug-Expedit versäumt, dann schauten wir in der „Provinz“ im Wortsinn durch die Finger. Doch das kam glücklicherweise ganz selten vor. Übrigens: Es dauerte dann noch geraume Zeit, bis es im jeweiligen Kino hieß: Film ab! Schließlich war die Rolle noch zurückzuspulen – und ein analoger Filmstreifen hat sich nicht in Metern, sondern in Kilometern bemessen. Eine solche Filmrolle (ein Langfilm brauchte deren mehrere) hieß traditionellerweise „Akt“ – eine kleine Reminiszenz ans Theater.

Es war klar, dass dieser archaischer Art der Filmverteilung mit dem Aufkommen digitaler Spreichermedien und der Daten-Fernübertragung die Stunde geschlagen hatte. Ungefähr ab der Jahrtausendwende kam die Neuerung so recht in Fahrt. Das Jahr 2012 war endgültig ein Knackpunkt in der Technik-Geschichte der Kinos. Da war auch für kleinste Kinounternehmen endgültig klar, dass sie ohne digitales Equipment zum Sterben verurteilt gewesen wären.

Damals – es war die Zeit von Kulturministerin Claudia Schmied und die jetzige Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer (Ecker) leitete die Kunst- und Kultursektion – haben Ministerium und die österreichische Verleih- und Kinowirtschaft ein Modell entwickelt, das damals in Europa Vorbildfunktion für die Digitalisierung der Kinos hatte.

In Deutschland hat man jahrelang über die komplexe Beteiligung der Verleihwirtschaft über eine sogenannte „Virtual Print Fee“ verhandelt. Es ging darum, dass sich die Verleihwirtschaft die Kosten für die – teuren – analogen Filmkopien erspart und dafür den Kinos bei der Digitalisierung unter die Arme greift, gemeinsam mit Mitteln der öffentlichen Hand. In Österreich ist man damals innerhalb eines halben Jahres ein international herzeigbares Beteiligungsmodell entwickelt. Dieses Modell wurde im März 2012 in Kraft gesetzt und ist bis 2019 gelaufen.

Angestrebt wurde damals die Volldigitalisierung von mindestens 85 Prozent des Österreichischen Kinomarktes mithilfe einer Förderquote durch Bund und Länder bei aktiver kostenmäßiger Beteiligung der Verleihwirtschaft. Dass die Kinos allein die Umstellung nicht stemmen können, war allen klar.

Tatsächlich ist es alles viel schneller und flächendeckend gegangen: EU-weit waren schon ein Jahr später (2013) 26.035 Projektionsräume, also rund 87 Prozent aller Kinoleinwände digitalisiert. In zehn EU-Mitgliedstaaten waren damals schon so gut wie alle Kinos digital, in Österreich betrug die Quote schon 98 Prozent. Deutschland hinkte mit 90 Prozent ein wenig nach, auch in Italien (75%) und Spanien (70%) tickten die Uhren noch ein wenig langsamer.

Für die österreichische Lösung wurde die ARGE Film und Kino gegründet. Diese Arbeitsgemeinschaft der Wirtschaftskammer, der Fachverbände Film- und Musikwirtschaft und des Fachverbands der Kino-, Kultur- und Vergnügungsbetriebe hat unter der Leitung des Kulturministeriums bis 2019, also sieben Jahre lang, die gemeinsame Finanzierung geregelt. Von einem „vollen Erfolg“ spricht die Wirtschaftskammer in einer bilanzierenden Presseaussendung.

Österreichische Kinos haben ein Gesamtvolumen von über zehn Millionen Euro angemeldet und es konnten die Verleihwirtschaft hat über den Refinanzierungsbetrag insgesamt rund sechs Millionen Euro zur Digitalisierung beigetragen. Mit diesen Mitteln, so heißt es, sei es bis zum Ende des vorigen Jahres gelungen, 61 Kinos mit insgesamt 168 Kinosälen zu erfassen. Das ist also so gut wie die gesamte österreichische Kinolandschaft.

„Wiewohl das System auf Freiwilligkeit beruht hat, haben sich de facto alle Verleihunternehmen dem Finanzierungsmodell der ARGE Film und Kino angeschlossen und mit diesem Solidarbetrag gleichzeitig sichergestellt, dass die Österreichische Kinolandschaft in kurzer Zeit Investitionen in digitale Projektionstechnologie schaffen konnte“, so die Wirtschaftskammer in eigener PR-Sache.

 

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