Vermisst: ein Schloss für Konzerte
IM PORTRÄT / LUZ LESKOWITZ
31/12/15 „Heute Abend, zwischen den beiden Konzerten um 19 Uhr nimmt man mir meine Schloss-Schlüssel ab … ich werde schlimmer behandelt als ein herrenloser Hund, und das nach 25 Jahren“, sagt Luz Leskowitz zum DrehPunktKultur. Die Verbitterung des Schlosskonzert-Impresarios ist verständlich.
Von Reinhard Kriechbaum
Freilich: Er ist nun wirklich kein begnadeter Geschäftsmann, der 1943 in Salzburg geborene Geiger Luz Leskowitz. Lobbyismus in eigener Sache ist nicht seine Stärke. Den Abgang, der ihm jetzt im Schloss Mirabell bereitet wird, ist trotzdem – gelinde gesagt – äußerst unfein. Das seinerzeit florierende Unternehmen „Salzburger Schlosskonzerte“, das Siegfried Hummer 1954 gegründet und dessen Gattin Edith dann bis 1991 geleitet hatte, hat Leskowitz 1991 übernommen. In dem Vierteljahrhundert hat er jedes Auf und Ab der Tourismusbranche unmittelbar zu spüren bekommen. Auch der generelle Wandel hin zum Event-Tourismus war der „wertkonservativen“ Konzertreihe nicht gerade förderlich.
Trotzdem: Luz Leskowitz hat im Stillen nicht wenig bewegt. „Im Mozarteum ist man schockiert“, versichert der Schlosskonzerte-Leiter. Schließlich habe er in fünfzig bis sechzig Prozent aller Konzerte Studenten und Professoren des Mozarteums beteiligt. Ein kleiner Zyklus „Musik aus der Zeit der Entstehung des Marmorsaals“ wäre für die kommende Saison in Zusammenarbeit mit der Universität Mozarteum geplant gewesen, und auch bei einem Zyklus mit dem Pianisten Peter Lang wäre man Kooperationspartner gewesen.
Als Kammermusiker war Luz Leskowitz gut vernetzt. Schließlich hat er eine ganze Reihe von Kammermusikfestivals gegründet: 1970 als erstes die Harzburger Musiktage. Es folgten weitere internationale Festivals in Deutschland, das Dannenberger Musikfest, das Schwarzwald Musikfestival, die Andernacher Musiktage auf Burg Namedy und das Rothenfelder Musikfest. Leskowitz gründete und betreute seit 1973 die Musikfestwoche auf Schloss Berleburg. Seit 1986 programmiert er zudem auch das Maifestival Rellinger Kirche. In Österreich initiierte er die Musikfestwoche Schloss Kammer. Auch im rumänischen Klausenburg (Cluj) wurde Leskowitz als Impresario aktiv. Zwischen all diesen Musikdestinationen gab es einen regen Austausch.
Im fernen Sibirien liegt Yuzhnouralsk, wo Leskowitz vor acht Jahren ein Festival und einen Wettbewerb ins Leben rief, die Preisträger kamen natürlich auch nach Salzburg. Die Lomonosov-Medaille erhielt Leskowitz 2007 für Verdienste um die russische Kultur.
Und schließlich gab es ein reges Hin und Her zwischen Japan und Salzburg. Shiogama und Kawasaki sind zwei Orte, wo Leskowitz tätig wurde. „Salzburger Schlosskonzerte“ waren mithin Incoming- wie auch Exportmarke. Vor zwei Jahren ist Luz Leskowitz für seine Verdienste als Musiker und Kulturvermittler mit dem Berufstitel Professor geehrt worden.
Der Salzburg-Werbewert der Schlosskonzerte in Musikerkreisen ist wohl schwer zu beziffern, aber gewiss enorm. Das hat den Magistrat nun freilich nicht berührt, als er auf Empfehlung seiner Wirtschafts-Sachverständigen sich gegen die Schlosskonzerte in ihrer bisherigen Form entschieden hat. Wie dieser Tage berichtet, zu einem Zeitpunkt, da die Schlosskonzerte schuldenfrei waren bei der Stadt und – wie Luz Leskowitz berichtet – auch private Mäzene aus Deutschland und dem Fernen Osten bei der Hand gehabt hätten. „Es könnten in Zukunft wieder Zahlungsrückstände entstehen, die die Stadt eventuell abschreiben müsste“, so steht es orakelhaft im Kontrollbericht der Finanzabteilung des Magistrats.
Einer der privaten Geldgeber wäre der deutsche Reeder Thomas Pötzsch gewesen. Er hatte sich im Vorfeld der Entscheidung des Stadtsenats (sie fiel am 14. Dezember) briflich an die Stadt gewandt: „Wir selbst, aber auch befreundete Unternehmen und Kollegen häufig und wiederholt z.B. mit der Fa. Montblanc) sind regelmäßig in Salzburg zugegen und, vorwiegend im Rahmen von Events und Tagungen, mit den Schlosskonzerten verbunden. Sie sind zumal wegen Prof. Leskowitz – in persona und als Künstler – und wegen des unvergleichlichen Saales, zum festen Bestandteil eines jeden Besuches geworden.“
Und weiter argumentiert Thomas Pötzsch: „Dies hat sich für uns so entwickelt, weil es authentische, ehrliche, 'pure' Musik-Kunst auf höchstem Niveau ist. Das ist es, was die Salzburger Schlosskonzerte von Prof. Leskowitz ausmachen und sie so sehr von den kommerzialisierten Touristen-Konzerten unterscheidet, die ich aus sehr vielen, ernsthaften Gründen in ihrer langfristigen Wirkung kritisch als eher zerstörerisch erachte.“
Könnte es sein, dass die lokalen Politiker etwas vorschnell und übervorsichtig sich gegen die vermeintlich „altmodischen“ Schlosskonzerte in ihrer bisherigen Form entschieden haben? Man wird sehen, was Konstantin Hiller und die Salzburger Konzertgesellschaft vor haben, die ab morgen, Freitag (1.1.) für die Bespielung des Marmorsaales zuständig sein werden.
Dieses Unternehmen macht nicht nur 250 „Mozart Dinner Konzerte“ in St. Peter, sondern ist auch in Wien tätig (dort führt man jeden Samstag in der Karlskirche Mozarts „Requiem“ auf und widmet sich an diesem Ort auch Woche um Woche der Musik von Vivaldi sowie anderer Barockmusik unter dem Motto „Ave Maria“.
Luz Leskowitz bleibt das Klagen, denn die jeder Musik-Planung Hohn sprechende Kurzfristigkeit der Magistrats-Entscheidung bringt sein Unternehmen zum Kippen: „Eine funktionierende und weltweit agierende Firma mit vier Mitarbeitern soll binnen vierzehn Tagen (der Bescheid des Magistrats ging am 15. Dezember raus) alles schließen und auflösen?“ Es hilft Leskowitz im Moment nur wenig, dass ihm der geschützte Markenname „Salzburger Schlosskonzerte“ möglich machte, in jedem anderen repräsentativen Raum seine Konzerte weiter zu führen.