Große Ruhe und Flirren der Welt
IM PORTRÄT / WALTRAUD SEIDLHOFER / PETER ENZINGER
19/11/14 Der Georg-Trakl-Preis für Lyrik 2014 geht an die oberösterreichische Autorin Waltraud Seidlhofer. Peter Enzinger (Zell am See/Wien) wurde der Georg-Trakl-Förderungspreis zugesprochen.
Die 1939 in Linz geborene Autorin lebt in Thalheim bei Wels und war als Bibliothekarin in Linz und Wels tätig. Sie ist Mitglied der Linzer Künstlervereinigung Maerz und Gründungsmitglied der Grazer Autorinnen- und Autorenversammlung. Seidlhofer schreibt Lyrik und Prosa. Seit 1961 veröffentlicht sie kontinuierlich in Zeitschriften und Anthologien sowie im ORF, Radio FRO, Radio Pilsen und Sender Freies Berlin. Übersetzungen erfolgten ins Englische, Tschechische, Slowakische und Spanische sowie aus dem Tschechischen.
Ihre erste Buchpublikation war 1971 der vom Kulturamt der Stadt Linz herausgegebene Gedichtband „bestandsaufnahmen“. Es folgten 18 weitere Buchpublikationen, zuletzt die Bände „Tage, Passagen“ (2009), „Ausgewählte Gedichte“ (2009), „stadtalphabet“ (2010), „Singapur oder der Lauf der Dinge“ (2012) und gemeinsam mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Gregor M. Lepka, „Danu/Donau, eine Reise“ (2012). Lyrik von der Art Waltraud Seidlhofers sei selten breitenwirksam, hebt die Jury in ihrer Begründung hervor, aber sie sei „für das Selbstverständnis und die Entwicklung einer Gesellschaft und ihres Verständigungsmittels, der Sprache, von größter Bedeutung“. Das Werk Waltraud Seidlhofers sei in Fachkreisen sehr geschätzt.
Die Jury – Evelyne Polt-Heinzl (Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur in Wien), Rüdiger Görner (Gastprofessor an der Universität Salzburg und der Queen Mary University of London) und Anton Thuswaldner (Literaturkritiker in Salzburg) – schreibt weiter: „Waltraud Seidlhofer verfolgt ihr literarisches Projekt seit ihrer ersten Veröffentlichung Mitte der 1960er Jahre mit großer Ruhe und Konsequenz. Ihre lyrische Prosa und ihre Gedichte sind Bestandsaufnahmen, die mit Techniken der klassischen Moderne arbeiten und bei aller Abstraktion nie den Bezug zur Wirklichkeit verleugnen.“
Der Georg-Trakl-Preis ist eine der bedeutendsten Auszeichnungen für Lyrik im deutschsprachigen Raum. Er wird in unregelmäßigen Abständen seit 1952 vergeben. Die Preisträgerinnen und Preisträger sind unter anderem Ernst Jandl, Reiner Kunze, Friederike Mayröcker, Ilse Aichinger, Christoph Meckel, Kurt Klinger, Alfred Kolleritsch, Julian Schutting, Walter Helmut Fritz, Hans Raimund, Günter Kunert, Elfriede Gerstl, Andreas Okopenko, Ferdinand Schmatz, Franz Josef Czernin, Michael Donhauser und zuletzt im Jahr 2011 Elke Erb. Heuer wird der Preis gemeinsam von der Republik Österreich und dem Land Salzburg vergeben, er ist mit insgesamt 8.000 Euro dotiert.
Auch der Gewinner des mit 3.000 Euro dotierten Georg-Trakl-Förderungspreises steht fest. Die unabhängige Jury (Uta Degner, Petra Nagenkögel, Bernhard Judex) entschied sich unter 26 Einreichungen für Peter Enzinger. Der in Wien lebende und in Zell am See geborene Autor kann ebenfalls bereits auf eine lange Liste von Publikationen verweisen. Darunter der Gedichtband „Rimbauds Kantine“ (2009) und zuletzt „Fünfundsechzig Kartengedichte“ (2013).
Die Jury zeichnete Enzingers Text „Larynx“ aus, der „bereits im Titel sein poetisches Prinzip explizit“ mache. In der Jurybegründung heißt es unter anderem: „Themen wie die Erfahrung von Urbanität, vom Flirren der Welt, von zersplitterten Zeiten und Räumen, von ungesicherter Identität werden gänzlich aus der Sprache entwickelt, die als Medium des Erkundens, Erfassens und Erschaffens fungiert.“ (Landeskorrespondenz)