Paganini zum Aufwachen, Bach als Jungbrunnen am Abend
TODESFALL / RUGGIERO RICCI
06/08/12 Beim Geburtsjahr reibt man sich beinah die Augen: 1918. Der Geiger Ruggiero Ricci ist gestern Sonntag (5.8.) 95jährig in Palm Springs (USA) verstorben. Er war Professor und Ehrenmitglied der Universität Mozarteum.
Rucciero Ricci, geboren in Kalifornien (USA), galt als einer der größten Geigenvirtuosen seiner Zeit. Der Sohn italienischer Einwanderer begann seine Karriere als klassisches „Wunderkind“. Als Elfjähriger spielte er schon in der New Yorker Carnegie Hall, der 14jähriger Knabe brach zur ersten Europa-Tournee auf. Über diesen frühen Karrierestart hat er sich in späteren Jahren freilich äußerst selbstkritisch geäußert.
Mit Freude und Engagement gab Ricci seine Lebenserfahrung an die nächsten Generationen weitergab – von 1989 bis 2002 als Gastprofessor für Violine an der Universität Mozarteum Salzburg, die ihm mit dem „Concorso Ruggiero Ricci“ noch heute einen eigenen Geigenwettbewerb gewidmet hat. Im Rahmen der Internationalen Sommerakademie 2005 hat Ricci zum letzten Mal in Salzburg unterrichtet.
Als Geigenvirtuose war er ebenso eigenwillig wie unverwechselbar, eine einzigartige Persönlichkeit mit außergewöhnlicher Technik. Seine große Liebe galt bis ins hohe Alter den Werken von Bach und Paganini, durch deren Interpretation und legendäre Schallplatten-Aufnahmen er berühmt wurde (als Erster nahm er alle 24 Capricen von Niccolò Paganini in der Originalfassung auf). Am Ende seiner mehr als 70 Jahre andauernden Solokarriere sollten beeindruckende Zahlen stehen: mehr als 6000 Konzerte in 65 Ländern und mehr als 500 Aufnahmen für alle prominenten Labels.
Noch als 85-Jähriger sagte Ruggiero Ricci, er übe jeden Morgen die 24 Paganini-Capricen als Frühsport, um seine Finger gelenkig und geschmeidig zu halten, sowie abends drei Solosonaten von Bach, „damit ich mir sicher sein kann, dass ich nicht alt geworden bin“.
Als Pädagoge war er ein Perfektionist und ein Traditionalist mit großem Faible für die unterschiedlichen europäischen Geigenschulen, deren zunehmende „Verwässerung“ durch eine fortschreitende Internationalisierung für ihn eine bedauernswerte Entwicklung darstellte.
(Universität Mozarteum)