Hannibals Theater-Maschinist
IM PORTRÄT / HUBERT LEPKA
19/04/11 „Wir messen die Bühne hier in Kubikkilometern“, sagt Hubert Lepka und weist über den Rettenbachgletscher in Sölden. Sechs Kubikkilometer sind es. Bespielt von Menschen, Pistengeräten, Hubschraubern, Flugzeugen, Skidoos und Motorrädern.
Von Reinhard Kriechbaum
2001 hat man in dieser imposanten Gletscherarena zum ersten Mal die Geschichte von „Hannibal“ erzählt. Heuer hat die zehnte Aufführung stattgefunden, und ein Ende ist nicht in Sicht, weil das Pop-Spektakel immer noch sechstausend und mehr Menschen anlockt.
Wieso Hannibal? Es gebe keinen Hollywood-Film über den Karthager, der mit 60.000 Mann und 37 Elefanten die Pyrenäen und die französischen Alpen überwand und die Römer das Furchten lehrte, sagt Hubert Lepka. „Vielleicht, weil die Geschichte nichts von einer Frauengeschichte überliefert.“ Was wir in der Schule lernen, sei die römische Sicht. „Mich als Künstler interessiert die Perspektive von Karthago.“
Warum findet das Spektakel ausgerechnet in Sölden statt? „Wegen der Offenheit und dem Wagemut der Leute hier.“ Immerhin sind dreihundert Leute aus der Region on stage, vom Liftpersonal bis zu Schilehrern und Bergführern. Das schafft auch Identifikationswert.
„28.000 PS sind auf der PistenBühne“ sagt Ernst Lorenzi. Das ist der Mann – Eigendefinition „In Sölden so was wie der Freigeischt“ – der die Idee für ein Gletschertheater hatte. Und einen finanziell starken Freund bei der Hand: Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz. Die beiden kamen auf Hubert Lepka, den Maschinentheater-Freak. Das war noch, bevor Lepka mit seiner internationalen Truppe „Lawine Torrén“ das Luft-Spektakel „Taurus Rubens“ zur Eröffnung des Hangar 7 für die Red-Bull-Luftflotte inszenierte. Red Bull ist neben dem Tourismusverband immer noch wichtigster Sponsor, schickt Flugzeuge und das Motocross-Team ins Rennen.
Hubert Lepka liebt die Berge. Seine Intention war: „Etwas machen, was es so noch nicht gab“ und dabei „die Natur nutzen, ohne künstliche Auf- und Umbauten“. Sonst, so Lepka, „findet Theaterarbeit ja meist im urbanen Raum statt“. Die größte Herausforderung ist Jahr für Jahr das Herbeischaffen des Equipments.Immerhin ist man auf fast dreitausend Meter Seehöhe. Und natürlich das Wetter: „Wir nehmen es auf und spielen mit ihm“, sagt Lepka.
Nicht immer gelingt alles. 2006 hat man es mit einem anderen Thema versucht, „Mars“ hieß damals das Stück, für das sogar eine Dampflokomotive von einem Schweizer Riesenhubschrauber herbeigeflogen wurde. Dann sind die Geleise im Schnee versunken – und das Votum ist dafür ausgegangen, doch den bewährten „Hannibal“ wieder aufzunehmen.
Im Vorjahr hat Hubert Lepka in Linz die Klangwolke gestaltet. Der Salzburgring war logischer Spielort für die Jochen-Rind-Rennfahreroper. Der Salzburger, Jahrgang 1958, promovierter Jurist, arbeitet lebt im Passauergut im südlichen Innviertel. Hier entstehen seine Projekte, die er „im Dreieck von Kunst, Ökonomie und Wissenschaft“ angesiedelt sieht. Technik ist immer eine wichtige Komponente.
Was kommt als nächstes? „Sofamaschine“ wird am 25. Mai im Wiener Museumsquartier gezeigt. „In Anlehnung an das Rossballett, das Kaiser Leopold 1667 zu Ehren seiner Braut, der spanischen Infantin Margarita, selbst aufführte.“ Statt barocker Rösser wird es einen Kran und Gabelstapler geben. Zehn Jahre Museumsquartier, das ist der Anlass für diese Performance.