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Als Theaterfrau bei den Hebammen

IM PORTRÄT / URSULA REISENBERGER

29/06/17 Zum dritten Mal geht der „Ars docendi“, der Staatspreis für exzellente Lehre des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft an die FH Salzburg. Geholt hat die Auszeichnung diesmal eine Theaterfrau – für ihr Unterrichten beim Studiengang für Hebammen.

Eigentlich ist Ursula Reisenberger Dramaturgin und Regisseurin. In Leogang hat sie über mehrere Sommer lang Geschichten aus dem Ort in Stationen-Aufführungen verwandelt und ihr Publikum an starke Spielstätten, meist in der Natur, geführt. Was aber macht eine ausgewiesene Theaterfrau an der Fachhochschule?

2015 hat Margit Felber, die Hebammen-Studiengangsleiterin, Ursula Reisinger an die FH Salzburg geholt. Seither unterrichtet die gebürtige Salzburgerin als externe Lehrende angehende Hebammen. In jeweils dreitägigen Workshops treffen sich die Studentinnen mit Ursula Reisenberger zum Workshop. Ziel ist es, den Teilnehmerinnen in unterschiedlichen Übungen konkrete Erfahrungen zu vermitteln, anhand derer sie ihre eigene Präsenz – das völlige „da sein“ und in der Situation „bei sich sein“ - klarer wahrnehmen und deren Entwicklungspotential einschätzen lernen. „‘Präsenz‘ meint dabei die physische und mentale Anwesenheit in einer konkreten Situation“ erklärt Ursula Reisenberger..

„Das Konzept und einige Übungen kommen aus dem Bereich des Theaters, wo Präsenz, das Agieren und Reagieren aus dem Moment, wichtige Grundvoraussetzungen bei der Erarbeitung von Stücken oder Rollen sind.“ Das, was Schauspieler lernen und erfahren, lasse sich auch auf andere Berufsbilder übertragen. Zum Beispiel auf die Anforderungen, wie sie sich Hebammen im Alltag nicht selten gegenüber sehen.

„Eine derartige Offenheit ist gerade in der Geburtshilfe von entscheidender Bedeutung“, sagt Ursula Reisenberger. „Im Moment der Geburt ist die Hebamme einer Situation ausgesetzt, von der sie einerseits nicht vorhersehen kann, was sie von ihr fordern wird, und in der andererseits jede ihrer Reaktionen potentiell enorme Konsequenzen hat. Wenn es ihr gelingt, in diesem Moment die Verbindung zu sich selbst aufrecht zu erhalten, ‚präsent‘ zu sein, ohne sich an erwartete Abläufe oder Zusammenhänge zu klammern, dann ist die ganze Fülle ihres Wissens, sei es erlernt oder erfahren, im vollen Umfang für sie verfügbar und kann situationsgemäß eingesetzt werden.“

Für diesen außergewöhnlichen Zugang bei der Hebammen-Ausbildung hat die Jury der Fachhochschule Salzburg also den Staatspreis „Ars docendi“ zugesprochen. In der Hochschuldidaktik setzt die „Präsenz in der Hebammenarbeit“ an der Erfahrung der Studentinnen an. „Das Vertrauen, dass der Erwerb von Erkenntnis und Wissen auch durch den und im eigenen Körper stattfindet, ist gerade für zukünftige Hebammen von entscheidender Bedeutung“, bestätigt auch Hebammen-Studiengangsleiterin Margit Felber.

Die Fachhochschule ist nicht der einzige Ort, an dem die 1966 in Salzburg geborene Ursula Reisenberger aus ihrem Metier quasi hinaus grast – oder eben Techniken des Schauspielens in anderen Betätigungsfeldern nutzbar macht. Sie unterrichtet auch Kunststudierende, zukünftige Manager und Wissenschaftler, unter anderem an der Universität für Angewandte Kunst in Wien oder der Central Saint Martins University of the Arts in London.

Ursula Reisenberger hat Germanistik und Geschichte in Salzburg und Wien studiert. Nach sieben Jahren als Dramaturgin und Regisseurin in Deutschland und Österreich gründete sie 2001 das Theaterprojekt „ortszeit“. Ein besonderes Beispiel ihrer spezifischen Arbeitsweise war das Projekt, das die Gruppe über den Zeitraum von acht Jahren in Leogang im Pinzgau verwirklicht hat. Sie beteiligt sich auch am Think Tanks „feedback_future feed“ in New York und bribngt sich ein im Forschungsprojekt „Orientation as Gardening“, das in Kooperation mit Akademie der Bildenden Künste, Wien, und Central Saint Martins, London, in Tokio, London und Wien stattfindet. (FH Salzburg/dpk)

www.fh-salzburg.ac.at
Bild: FH Salzburg

 

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