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Wettlauf der Befreier

HINTERGRUND / ZEITGESCHICHTE (2)

07/05/14 Bei der Befreiung der letzten symbolträchtigen Orte des Deutschen Reichs auf dem Obersalzberg versuchten sich die Alliierten quasi gegenseitig ein Haxl zu stellen. Und in Hallein wurde von französischen Gnaden ein Kommunist der erste Nachkriegsbürgermeister.

Mit im Verband der übergeordneten 7. US-Armee befand sich auch die französische 2. Panzerdivision unter General Leclerc. Unmittelbar nach der Befreiung der Landeshauptstadt eilten die US-Truppen sowohl über Bischofswiesen als auch über Grödig weiter nach Berchtesgaden, um die Trophäe – das inzwischen ausgebombte und von den Nazi-Befehlshabern verlassene Führersperrgebiet auf dem Obersalzberg – als erste zu befreien.

Der Salzburger Militärhistoriker Gernod Fuchs vergibt in der eben erschienenen Broschüre „Befreit und besetzt“ den ersten Platz in diesem Wettlauf ebenfalls der 3. US-Infanterie-Division, wobei einige Franzosen bei der Flaggenparade erfolglos versuchten, neben dem Star Spangled Banner die Tricolore aufzuziehen. Der Halleiner Stadthistoriker Wolfgang Wintersteller berichtet, dass sich Truppenteile gegenseitig durch Straßensperren aufzuhalten versuchten. Den zu kurz gekommenen Franzosen dürfte dann die Idee gekommen sein, mit einer Panzereinheit über die enge alte Dürrnberger Straße nach Hallein vorzustoßen, eines der leichten Panzerfahrzeuge stürzte dabei in die Starzer-Schlucht und diente für einige Jahre Nachkriegskindern als Abenteuerspielgerät.

Auch wenn Autoren schon von Franzosen in Hallein am 3. Mai berichten – sie wären damit als erste Alliierte in Salzburg gewesen –, so ist sich der Halleiner Stadthistoriker Wolfgang Wintersteller sicher, dass die „Gaullisten“, wie sie die Bevölkerung nannte, Hallein ab dem 4. Mai einnahmen. Sie bestimmten mit dem Kommunisten Karl Nedomlel den ersten Nachkriegsbürgermeister. Der Mann war ihnen bei einem Tumult vor einer Bäckerei als besonnener Streitschlichter aufgefallen. Es gibt auch Zeitzeugen, die berichten, Nedomlel habe sich mit anschließender Billigung durch die Franzosen selber zum Bürgermeister ausgerufen.

Den Franzosen war bei der Befreiung Salzburgs wenig Glück beschieden. Schon wenige Tage später werden sie ins Hauptquartier ins bayerische Siegsdorf zurückbeordert, ein Versuch, von Berchtesgaden über den Hirschbichl in den Pinzgau zu gelangen, scheitert.

Währenddessen stauten sich in den Gebirgsgauen die deutschen Soldaten und die Verletzten in der Lazarettstadt Zell am See. Noch im Juni 1945 befanden sich an die 70.000 Wehrmachtssoldaten und mehr als 16.000 Pferde im Lungau. Dort überwog in den letzten Kriegstagen die Sorge vor den über die Steiermark heranrückenden Russen. Der Landrat des Kreises Tamsweg, Rudolf Simel, wurde aktiv und sandte eine Botin mit guten Englischkenntnissen nach Kärnten, um die dort eingetroffenen Briten um rasche Befreiung zu ersuchen. Der amerikanische Vorstoß war im Twenger Tal zum Stillstand gekommen, während die Briten bereits am 10. Mai über den Katschberg im Lungau eingetroffen waren. Danach wurden die Besatzungszonen eingeteilt. Am 25. Juni stellte die englische Besatzung ihren Dienstbetrieb ein und die Amerikaner sollten für die kommenden zehn Jahre ganz Salzburg militärisch verwalten. (Ende)

Dieser Text ist als „Grenzfall“ auf www.salzburg.at, der Plattform für die Europaregion, veröffentlicht worden.

 

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