In Zusammenhängen reden – oder schweigen
HINTERGRUND / PHILOSOPHISCHES CAFE
08/10/14 Thema des nächsten „Philosophischen Cafes“ am kommenden Freitag (10.10.) in der Bibliotheksaula der Salzburger Universität ist der österreichisch-britische Philosoph Ludwig Wittgenstein (1889-1951), einer der wichtigsten Denker des 20. Jahrhunderts.
Das „Philosophische Cafe“ geht ins zehnte Jahr – eine Reihe, die also gut eingeführt ist. In diesem Herbst referiert als erster Michael Nedo, der Leiter des Wittgenstein-Archivs in Cambridge. Er ist Herausgeber der fünfzehnbändigen „Wiener Ausgabe“ der Schriften und hat zuletzt das Buch „Ludwig Wittgenstein: Ein biografisches Album“ herausgebracht. Aus diesem Buch nahm eine Rezensentin die Aufforderung mit, zu den Originalwerken zurückzukehren und das wuchernde Gestrüpp der Sekundärliteratur einmal beiseite zu lassen.
Wittgensteins Leben hätte bewegter nicht sein können. Er war der Sohn einer jüdischen Industriellenfamilie in Wien und war vielfach begabt. Zunächst wandte er sich einem Technikstudium zu, wurde Ingenieur und erwarb 1911 ein Patent zur Verbesserung von Flugzeugpropellern. Im selben Jahr nahm er das Philosophiestudium auf, das ihn nach Cambridge führte, wo er einen produktiven geistigen Kontakt zu dem Philosophen Bertrand Russel entwickelte. Wittgenstein war Teilnehmer des Ersten Weltkriegs. Sein großes Erbe verteilte er als Mäzen an bedürftige Schriftsteller und Künstler, u.a. an Georg Trakl, Rainer Maria Rilke und Adolf Loos. Nach dem Krieg war er Volksschullehrer in verschiedenen Orten Niederösterreichs.
Während des Ersten Weltkriegs entstand sein Werk „Tractatus logico-philosophicus“. Im Vorwort heißt es: „Man könnte den ganzen Sinn des Buches etwa in die Worte fassen: Was sich überhaupt sagen läßt, läßt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muß man schweigen.“
Wittgenstein ging davon aus, dass sich das Denken in den Bahnen der Sprache bewegt. Daher galt der Sprache seine höchste Aufmerksamkeit. Für eine seiner Schwestern entwarf er gemeinsam mit einem Loos-Schüler das wegen seiner zukunftsweisenden Architektur bis heute viel beachtete „Wittgenstein-Haus“ in Wien. Er war auch bildhauerisch tätig.
1929 ging er nach Cambridge zurück. Dort beendete er sein Philosophiestudium und wurde 1939 Professor. Nach dem Krieg, während dem er u.a. als Pfleger in einem Krankenhaus arbeitete und medizinische Geräte entwickelte, nahm er die britische Staatsbürgerschaft an.
Das zweite Hauptwerk, das zwei Jahre nach seinem Tod erschienen ist, waren die „Philosophischen Untersuchungen“. Sie zogen und ziehen bis heute vielfältige philosophische Debatten nach sich. Einer der Kernsätze lautet: „Die Bedeutung eines Worts ist sein Gebrauch in der Sprache.“ Damit gab er den dringenden Ratschlag, auf den Zusammenhang zu achten. Der Kontext definiert das Wort. (dpk)