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Gedenken, erinnern, fördern

DOKUMENTATION / INITIATIVE FREIES WORT

12/07/13 Landeshauptmann Haslauer, Kultur-Landesrat Schellhorn und Bürgermeister Schaden sind Adressaten eines Offenen Briefs der „Initiative Freies Wort“. Es geht unter anderem um das halbherzige Gedenken an die Salzburger Bücherverbrennung. Das Schreiben im Wortlaut.

Initiative Freies Wort

In frischer Erinnerung sind Ihnen sicherlich noch die überaus vielfältigen und engagierten Veranstaltungen vom 30. April 2013, die – angeregt von der „Initiative Freies Wort“ und mitgetragen von vielen Salzburger Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie Persönlichkeiten – anlässlich der 75. Wiederkehr der nationalsozialistischen Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz stattfanden. Etwa 2.000 Menschen, darunter viele Schülerinnen und Schüler, besuchten allein an diesem einen Tag die verschiedensten Veranstaltungen, die erfreulicherweise auch von Stadt und Land Salzburg unterstützt wurden.

Das Gedächtnis an die Salzburger Bücherverbrennung vom 30. April 1938 auf dem Residenzplatz schien fast 50 Jahre lang wie gelöscht. So lange dauerte es nämlich, bis 1987 – auf Basis damals neuer Forschungsergebnisse – erstmals eine Initiative der Salzburger Autorengruppe gemeinsam mit Erich Fried an dieses ungeheuerliche Vorkommnis erinnerte. Es dauerte sodann wieder ganze 20 Jahre, bis im Jahre 2007 der Salzburger Residenzplatz erneut zum Ort der Mahnung wurde, als dieses zweite Gedenken mit Robert Schindel gemeinsam vom neu gegründeten Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg, dem Salzburger Literaturhaus, dem Friedensbüro, der Katholischen Aktion, der Plattform www.erinnern.at und der Israelitischen Kultusgemeinde organisiert wurde.

Wie in den Jahren 1987 und 2007 trafen sich auch heuer wieder alle Beteiligten mit Blick auf unsere aktuelle Gegenwart und unsere Zukunft im Herzenswunsch, das kleine, aber schon jetzt angesichts seiner architektonischen Pracht als Weltkulturerbe-Stadt geführte Salzburg verlässlich zu einem Ort zu machen, an dem kontinuierlich daran erinnert werden möge, dass Emanzipation, Fortschritt und humane Utopie sich nur in Freiheit entwickeln können und Salzburg ein Ort der Freiheit des Geistes, der Freiheit von Kunst, Kultur und Wissenschaft ist. Dies allerdings verlangt immer wieder nach klaren Zeichen und kann sich nicht mit dem Reden darüber begnügen.

Bei der Hauptveranstaltung der „Initiative Freies Wort“ am 30. April 2013, klarerweise auf dem vom NS-Regime missbrauchten Residenzplatz, sprachen denn auch neben den Veranstaltern international anerkannte Persönlichkeiten wie Barbara Coudenhove-Kalergi, Marko M. Feingold und Felix Mitterer, um die aberwitzige Dimension des historischen Geschehens und zugleich unsere Verantwortung für die Gegenwart und Zukunft darzustellen.

Bei unseren Nachbesprechungen zu all den Veranstaltungen, Aktivitäten und Aktionen wurden drei einhellig geäußerte Wünsche und Empfehlungen an die Salzburger Politik ausgesprochen, die wir Ihnen hiermit vortragen. Diese Forderungen speisen sich aus dem Wunsch, über Salzburg nicht nur unentwegt als einen Ort von kultureller Weltgeltung zu sprechen bzw. diesen als solchen zu beschwören, sondern konkrete und sichtbare Taten dafür zu setzen, so dass den Worten auch nachprüfbare Glaubwürdigkeit zukommt. Hier erwarten wir uns großzügige und würdige politische Entscheidungen:

(1) Seit 2011/2012 erinnert an die Salzburger Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz 1938 nur eine Gedenktafel an der St. Michaels-Kirche. Als Ausdruck gelungener Erinnerungspolitik kann dies jedoch nicht bezeichnet werden. Wir fordern Sie auf, eine adäquate erinnerungspolitische Lösung zu finden und umzusetzen, in der der Residenzplatz eine zentrale Rolle spielt.

(2) Seit Jahren wird in Salzburg über die Benennung eines öffentlichen Ortes, einer Straße, eines Bauwerkes oder eines Platzes nach Stefan Zweig, dem großen, international bekanntesten österreichischen Schriftsteller, diskutiert. Alle bisher vorgeschlagenen Lösungen sind einer Weltstadt wie Salzburg nicht gemäß, geschweige denn würdig. Wir fordern sie auf, etwa die Umbenennung der „Staatsbrücke“ oder des „Platzls“ in „Stefan-Zweig-Brücke“ oder „Stefan-Zweig-Platz“ durchzuführen.

(3) Anlässlich der erst kürzlich stattgefundenen Feier von Stadt und Land Salzburg zum 100. Geburtstag von Hofrat Marko M. Feingold stifteten Land und Stadt Salzburg gemeinsam mit der Universität Salzburger verdienstvoller weise einen Wissenschaftspreis zur Erforschung der Kulturgeschichte des Judentums, der den Namen des Jubilars trägt. Er soll alle drei Jahre für herausragende Leistungen auf diesem Gebiet vergeben werden und damit auch das Ansehen Salzburgs stärken. Der Ausschreibungstext, der vorgetragen wurde, ist geeignet, das Ansehen Salzburgs in bester Weise zu fördern. Erst aus der Zeitung konnte man allerdings erfahren, dass dieser Preis mit 4.500 Euro dotiert sei. Eine solche Dotierung ist geeignet, die Weltgeltung Salzburgs zu untergraben. Wir fordern Sie daher auf, diese Dotierung zu überdenken und den Preis alle drei Jahre mit 30.000 Euro zu dotieren, um das Ansehen Salzburgs auch als Wissenschaftsstandort für Fragen des Judentums zu festigen.

Wir erwarten Ihre Unterstützung für die genannten Anliegen und Ihre Offenheit gegenüber neuen Ideen, um Salzburg zu einer moderneren Stadt, einem weltoffeneren Land der Kultur und des Geistes zu machen, wo sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft begegnen.

Das Schreiben der „Initiative Freies Wort“ haben 131 Unterstützer und Unterstützerinnen unterzeichnet.
Zum Kommentar {ln:Mehr oder weniger Vordringliches}

 

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