Unbeständig wie April-Wetter
KULTURPOLITIK / LAND
11/03/21 Gruppenbild mit Dame: Im Pandemie-Abstand Eva Veichtlbauer, Leiterin der Abteilung Kultur, Bildung, Gesellschaft und Sport, LH Wilfried Haslauer und Kulturreferent Heinrich Schellhorn. Im Jahresbericht Kunst & Kultur 2020 schildern die drei Förder-Verantwortlichen, wie sie das erste Corona-Dreivierteljahr erlebt haben.
Haslauer: In diesem bemerkenswerten Jahr hat mich das kulturelle Leben mit seiner Vitalität umso mehr beeindruckt. Die Salzburger Festspiele wurden zum Hoffnungsgeber weltweit. Die Kulturinitiativen in Stadt und Land haben eine bewundernswerte Kultur des Zusammenhalts und Nichtaufgebens gezeigt. 2020 hat bewusst gemacht, wie wertvoll das gemeinsame Erleben und Gestalten von Kultur ist.
Schellhorn: Für mich war das Jahr unbeständig wie April-Wetter: kurzzeitig sonnig und heiter, dann wieder ein heftiges Sturmtief. Die Kulturszene hatte mit viel Unsicherheiten, Verzicht und Sorge zu kämpfen. Viele Kunstschaffende und Institutionen haben es dennoch geschafft, auf virtuellem Weg verschiedene Formate anzubieten. Für diese Bereitschaft und das große Engagement möchte ich mich herzlich bedanken.
Veichtlbauer: Mein Alltag, unser aller Miteinander, wurde gehörig durcheinandergebracht. Von einem Tag auf den anderen musste unser Leben auf digital umgestellt werden. An vorderster Stelle stand und steht das Bemühen, Kunst und Kultur im Land mithilfe zahlreicher Maßnahmen durch die schwierige Zeit zu bringen und auch in dieser Krise sicht- und erlebbar zu machen.
Welche Rolle kommt den Salzburger Festspielen und den großen Museen dabei zu?
Haslauer: Das Direktorium hat ein hohes Maß an Courage, Beharrlichkeit und Verantwortungsbewusstsein gezeigt. Die Salzburger Festspiele – und wir alle! – wurden durch eine großartige Saison belohnt. Die effektiven Präventionskonzepte wurden für viele zum Vorbild. Gemeinsam mit den Museen haben wir im Frühsommer ein Zeichen für das Ermöglichen von Kultur gesetzt – die Salzburger Kultureinrichtungen waren hier österreichweit beispielhaft.
Welches Ziel verfolgt die von Ihnen gestartete Digitalisierungsoffensive in den Landesmuseen?
Haslauer: Die Ansätze für digitale Angebote, Prozesse und Strategien sollen gestärkt und gemeinsam mit anderen Kreativen, Start-ups und Unternehmen ausgebaut werden. Digitalisierung geht weit über Social Media und Marketing hinaus, sie soll in die museale Arbeit mit den Originalen und dem Publikum integriert werden. Weiters werden auch – gerade für die baulichen Erweiterungen – Aspekte wie Ticketing und Zutritt erfasst.
Wie stärkt das Land die Kunst- und Kulturszene?
Schellhorn: Mein Motto lautet: rasch reagieren und unbürokratisch helfen, anschließend für die Zukunft vorsorgen. Daher erarbeiten wir jetzt gemeinsam mit dem Bund die „Fair Pay“-Maßnahmen. Mit 2,5 Millionen Euro Soforthilfen haben wir Ausfälle oder Mehrkosten der Institutionen abgefangen. An Freischaffende haben wir 280 Arbeitsstipendien im Wert von mehr als 800.000 Euro vergeben. Wir haben das Kunstankäufe-Budget deutlich erhöht und auch mit kleinen Maßnahmen, etwa dem Mieterlass bei Landesateliers, unterstützt.
Hat die Krise auch Neues hervorgebracht?
Veichtlbauer: Es wurden neue, digitale Räume erschlossen und kreative Veranstaltungsformen erfunden. Einerseits bietet sich hier die Chance, dass Kunst und Kultur zusehends auch im digitalen Raum erlebbar wird, Barrieren abbaut. Gleichzeitig bedeutet dies oft aber auch erschwerte Arbeits- und Produktionsbedingungen. Digitalisierung ist ein wichtiges Zusatzangebot zum persönlichen Kulturerlebnis, kann dieses aber nicht ersetzen.
Welche Ideen oder Projekte sind hier zu erwähnen?
Veichtlbauer: Die Kulturszene hat keineswegs resigniert, sondern mit viel Kreativität Möglichkeiten gesucht, der Kunst eine Bühne zu geben. Die Spartenvielfalt ist dabei eine enorme Stärke: Konzerte, Lesungen, Musikveranstaltungen im Netz, Online-Ausstellungen, digitale Kunstvermittlung, Produktionen unter schwierigsten Umstanden – all das zeigt, welche Kraft und Motivation in unseren Kunstschaffenden und Kultureinrichtungen steckt: Standing Ovations!
Was hat sich intern, also in der Kulturverwaltung, geändert?
Veichtlbauer: Die Kulturverwaltung hat rasch und kreativ reagiert. Vorgezogene Auszahlungen sicherten Liquidität und Arbeitsplätze, ehe die Kurzarbeitsregelungen in Kraft traten. Budgetäre Umschichtungen ermöglichten zusätzliche Angebote. Schon vor der Krise geplante Vorhaben wurden forciert vorangetrieben. Der Analyse der Arbeitsumstände von Kunstproduktion in allen Sparten wird ein Maßnahmen-Bündel zur Verbesserung der Rahmenbedingungen folgen.
Wie können Salzburgerinnen und Salzburger derzeit Kunst und Kultur erleben?
Schellhorn: Die Kulturlandschaft wird in den kommenden Wochen und Monaten das Publikum dringender benötigen denn je. Meine Bitte an die Salzburgerinnen und Salzburger lautet daher: Nutzen Sie unser vielfältiges Kulturangebot, ob virtuell oder überall dort, wo es mit Schutzmaßnahmen möglich ist.
Ihre Botschaft für 2021 an die Kunstschaffenden, Kulturveranstalter und Initiativen?
Haslauer: Schon die Festspiel-Gründer hat die Botschaft vom „Lebensmittel Kultur“ inspiriert, das gerade in Krisenzeiten so wichtig ist. Die Akteurinnen und Akteure in Kunst und Kultur sind die unverzichtbaren geistigen und emotionalen Impulsgeber ihrer Zeit. Wir schulden ihnen nicht nur Aufmerksamkeit und Wertschätzung, sondern auch ganz konkret Solidaritat und Unterstützung in besonders schwierigen Zeiten.
Schellhorn: Zuversicht und Sorgfalt sind auch weiterhin zentral. Und auch hier ist meine Botschaft eine Bitte: Bleiben Sie so engagiert und umsichtig wie bisher. Wir werden mit dem erhöhten Kulturbudget 2021 den nötigen Rückenwind und Planungssicherheit geben. Wir brauchen Sie alle für unser vielseitiges Kulturland Salzburg!