Mit "mehr Gott" ist es nicht getan
SALZBURGER HOCHSCHULWOCHE / PUBLIKUMSPREIS
05/08/18 Der Publikumspreis der Salzburger Hochschulwoche ging heuer an Annika Schmitz. Die Wiener Theologin hielt einen Vortrag über Sprachlosigkeiten in der Moderne und die Bedeutung diskursiver Aneignung des Glaubens.
Von Henning Klingen
Würdigt der Theologische Preis der Hochschulwochen ein Lebenswerk (heuer ging er an den deutschen Soziologen und Sozialphilosophen Hans Joas), so versteht sich der heuer zum dreizehnten Mal vergebene, mit 1000 Euro dotierte Publikumspreis als Förderpreis für Nachwuchswissenschaftler der Jahrgänge 1982 und jünger.
In ihrem Vortrag plädierte Annika Schmitz für eine diskursive Aneignung und immer neue sprachliche Erschließung religiöser Inhalte. „Wenn sich biblische Erzählungen oder Begriffe dem modernen Diskurs verweigern, wenn parolenartig nur 'mehr Jesus', 'mehr Mission', 'mehr Gott' gefordert wird, anstatt zu fragen, unter welchen Prämissen es heute noch sinnvoll ist, überhaupt von Gott zu sprechen, bleiben am Ende nur noch Buchstaben über, die aber nicht mehr verstanden werden“, so die an der Universität Wien promovierende Theologin. Lernen könne die Theologie bei der Suche nach neuer Sprachfähigkeit etwa aus der Literatur.
Der mit 500 Euro dotierte Zweite Preis ging an den derzeit an der Universität Erfurt promovierenden Theologen und Orientalisten Bernhard Kronegger. Kronegger, 1989 in Klagenfurt geboren, zeigte in seinem Vortrag, wie insbesondere rechte Bewegungen wie die Identitäre Bewegung gezielt sprachliche und interpretatorische Deutungshoheit über geschichtliche Ereignisse zu gewinnen versuchen, indem sie diese ideologisch aufladen und für ihre Zwecke instrumentalisieren. Kronegger zeigte dies am Beispiel der Schlacht von Poitiers zwischen Franken und Mauren im Jahr 732 – einem Ereignis, das immer wieder von Rechten vereinnahmt und zum Schicksalsereignis im Kampf gegen den Islam stilisiert werde. Einer historischen Detailanalyse halte dies indes nicht stand, so Kronegger.
Der mit 300 Euro dotierte dritte Preis ging an den Mainzer Erziehungswissenschaftler Christian Armbrüster. In seinem Vortrag zeigte Armbrüster die Entstehung gesellschaftlicher Ängste und deren Veränderung anhand eines Paradoxons: Trotz einer auf Sicherheit aufsetzenden und beharrenden Gesellschaft nehme die Angst zu – konket die Angst vor Kontrollverlust, vor der Ungewissheit, aber auch die modernen Ängste vor den Fremden und vor dem Extremismus. Angst werde so zum „bestimmenden Grundgefühl der Moderne“ und sie werde als „Teil einer menschenverachtenden Agenda“ gezielt politisch eingesetzt.
Eine Fachjury hatte im Vorfeld aus den Einreichungen drei anonymisierte Vorträge ausgewählt. Im Rahmen öffentlicher Vorträge zu je 25 Minuten lag es dann am Publikum, den Siegerbeitrag zu küren.