Nicht weiter ein Kultur-Un-Ort sein
BAHNHOFSVORPLATZ / KULTURSCHIENE
08/02/18 Südtirolerplatz hieße er eigentlich. Aber alle sagen immer nur „Bahnhofsvorplatz“. Ein Ort mit Imageproblem in jeder Hinsicht. Das soll anders werden – auch wenn einem die Fläche als ein Lustort für Kultur nicht spontan einfiele.
Das Schlagwort heißt "kulturschiene“. Damit ist nicht gemeint, dass man noch mehr Touristen, in dem Fall auf dem Schienenweg, nach Salzburg karren will. Die von der Stadt und den OBB sowohl ideell als auch finanziell zu gleichenTeilen getragene Initiative will den Bahnhofsvorplatz aufwerten als – wie es in einem Positionspapier heißt – einen „Ort, an dem professionelle Straßenkunst erlebbar und erlernbar wird“. Was das Erlernen anlangt, wird das Hingehen-Lernen der erste pädagogische Brocken sein. Aber es gibt dort sowieso viel Laufkundschaft, und open air kommt auch immer gut an. Das ist Zeitgeist, der nun also auch in Salzburg quasi auf Schiene gesetzt wird.
Am Samstag 17. Februar geht es jedenfalls los. Da ist der Fasching vorbei. Damit's nicht endgültig unlustig wird, springt man ab 14 Uhr rauf auf die kulturschiene: live mit der Salzburger Kult-Formation Scheibsta & die Buben, mit einer Tape-Art Installation des italienischen Künstlers Carlo Galli, mit Kulinarik auf einem Winter Food Market und groovigem Sound aus den Händen von DJ Da Bürgermasta.
Dazu Vizebürgermeister und Kulturressortchef Bernhard Auinger heute Donnerstag (8.2.) in einem Pressegespräch: „Wir wollen den Bahnhof und den Vorplatz zu einem Ort machen, an dem sich die Salzburgerinnen und Salzburger wieder gerne aufhalten.“ Das spätsommerliche Jazz-Festival „Take the A-Train“ und Performances hätten gezeigt, dass es klappen könne. „Wenn der Bahnhofsvorplatz jetzt regelmäßig zum Schauplatz für junge Straßenkunst wird, wächst das Salzburger Kulturangebot auch jenseits der Altstadt um eine spannende, niederschwellige Facette.“
Regelmäßig: Das heißt zunächst einmal in der kalten Jahreszeit von Oktober bis April Veranstaltungen im Zwei-Wochen-Rhythmus. Jetzt will man mal Erfahrungen sammeln, denn „das Programm wird sich in der kommenden Wintersaison stark nach den Erfahrungen des Jahresbeginns formen.“ Für 31. März ist ein Design- und Kreativmarkt angekündigt, für 7. April ein „Graffiti Jam Day“.
Für die Sommersaison von Mai bis September liege der Fokus auf den Aufführungen der Street-Artists und der Etablierung des „Each One Teach One“-Spots mit offenem Zugang. Man möchte also professionelle Straßenkünstler auf den Bahnhofsvorplatz einladen. Und Straßenartisten sollen nicht nur vor Publikum auftreten, sondern auch Fertigkeiten weitergeben. Nach dem Vorbild des Centquatre in Paris wird in regelmäßigen Sessions eine offene Fläche für Tänzer, Musiker, Zirkusartisten, Schauspieler usw. angeboten. In lockeren Workshops ohne festgelegte Trainer- und Schülerrollen tauscht man Wissen untereinander aus, wobei potentiell jeder eigene Kompetenzen vermitteln oder eben neue Fertigkeiten von anderen lernen kann.
Das ist mit „Each One Teach One“ gemeint, es läuft auf „Socialize“ hinaus. An Schlagworten in Denglish fehlt es jedenfalls nicht. „Street-Art-Lab“ meint das eben Beschriebene, das die unverzichtbare Nachhaltigkeit fördern soll: „Ein Publikum, das an Street-Art interessiert ist, kombiniert mit dem Heranwachsen lokaler Künstlergruppen, die eben dieses Publikum bedienen helfen soll.“ So formuliert es der junge Salzburger Valentin Alfery, künstlerischer Leiter der kulturschiene. Im Bild rechts oben tanzt er der Presse etwas vor. Er hat seine Karriere in der Salzburger Tanzcrew Nobulus begonnen hat und entwickelt seit mehreren Jahren eigene spartenübergreifende Theater- und Performanceprojekte. Seit 2011 leitet er die Gruppe „Hungry Sharks“, die 2017 als erste Hip-Hop-Formation beim Festival „ImPulsTanz“ Wien aufgetreten ist. Zu seinen Street-Art Projekten zählt u.a. das „StreetlifeMAD“ in Madrid 2012.
Das Budget der kulturschiene 2018 beträgt 150.000 Euro, es zahlen ÖBB und Stadt zu gleichen Teilen. Für die Organisation sorgt die junge Salzburger Agentur „Rookies at Work“ um den Tänzer Michael Siller. Die Agentur hat bereits Projekte und Events im Bereich der Urban Culture organisiert und durchgeführt. In dem Pressegespräch hat man die enge Verbindung der kulturschiene mit Salzburg und seinem Bahnhofsvorplatz betont: „Das Projekt kulturschiene hat Pioniercharakter“, und man gehe deshalb „mit einem gewissen Maß an Flexibilität an die Programmierung heran, wird die Entwicklungen permanent im Auge behalten und auf Impulse und Umstände kreativ reagieren“. Im ersten Jahr stünden jedenfalls „Tanz, Musik und Zirkus im Fokus“. Geplant sei jedenfalls „ein dichtes internationales Programm und die Einbindung der lokalen Szene.
Kulturschiene – ab 17. Februar auf dem Bahnhofsvorplatz – www.kulturschiene.at
Bilder: Stadt Salzburg / Nico Zuparic