Unerträglich
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
04/01/21 Es war, kurz vor Silvester, eher nur eine Randnotiz in den Medien: Dänische und schwedische Skilehrer haben ihren ersten Abend im Gasteinertal abgefeiert. Unglücklicherweise ist ihre Party aufgeflogen. Hat eigentlich jemand etwas über ihre Kundschaft gelesen?
Gehen wir mal davon aus, dass die wedelkundigen Dänen und Schweden nicht in erster Linie jene österreichischen Skihaserln betreuen, deretwegen angeblich ein Gutteil der heimischen Bergbahnen in Betrieb ist. Da muss es einen Wintertourismus-Schwarzmarkt geben, und das trifft sich durchaus mit Beobachtungen auch aus der Stadt Salzburg: Da hört man immer wieder Italienisch und Tschechisch – nicht oft, aber doch bei jedem Bummel durch die (tatsächlich wenig besuchte) Altstadt. Also umso auffälliger.
Wo nächtigen diese Leute? Hotels dürfen angeblich ausschließlich Menschen beherbergen, die von Berufs wegen da sind (solche wie die schwedischen und dänischen Skilehrer). Wo und wie ernährt man sich als fremdsprachiger Stadt-Flanierer angesichts geschlossener Gast- und Kaffeehäuser? Wo wärmt man sich auf?
Es ist offenkundig, dass Politik und Exekutive mit beiden Augen wegschauen. Kein Städtetourist, kein schwedischer Skifahrer bliebe unentdeckt, wollte man ihn denn wirklich sehen und wollte man seine Quartiergeber ernsthaft auskundschaften.
Es ist kein Wunder, dass sich bei vielen, vielen Menschen die Überzeugung breit macht, dass die Verständnisvollen, die Ensichtigen, die Disziplinierten und Folgsamen in Wirklichkeit die Dummen sind. Das gilt nicht nur für die Kultur, aber dort sind vermutlich die Allerdümmsten, weil bewundernswert Genüg- und Gefügsamen. Sie haben über Wochen und Monate im Sommer und Herbst vorgeführt, wie man sichere Veranstaltungen durchführt. Das Kulturpublikum hat bewiesen, dass es niemals über die Stränge schlägt. Mustergültige Vor- und Rücksicht in Zuschauerräumen, auf Bühnen und Konzertpodien, in Museen und Kunsthallen, in Bibliotheken und Literaturhäusern. Jede Wette, dass es sogar an den Popcorn-Standeln in den Kinos sehr diszipliniert herginge, wenn sie denn in Betrieb gehen dürften.
Aber nein: Die Kultur zählt derzeit nicht in der Politik. Sie hat keine Stimme, von einer gemeinsamen ganz zu schweigen. Vom Kulturminister hört man seit Wochen keinen einzigen Satz. Es täte uns nicht wundern, wenn seine Staatssekretärin gleich morgen oder übermorgen wieder einmal beschwichtigen Brief der an Kulturveranstalter und Künstlervolk losschickt und zum x-ten Mal um Verständnis bittet.
Derweil drehen sich die Skilifträder weiter. Die Lage ist unerträglich.