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Baukultur heißt auch Wertschätzung

IM WORTLAUT / ALTSTADTSCHUTZ (1)

21/02/18 Morgen Donnerstag (22.2.) wird im Planungsausschuss auch über die umstrittene Terra Cognita-Studie gesprochen. Sollen wirklich mehr als ein Viertel der Gebäude ihren Erhaltungsschutz verlieren? Die Studie umstritten, mehrere Fach-NGOs haben sich kritisch daszu geäüßert. Hier im Wortlaut eine Stellungnahme der Initiative Um+Bau+Kultur.

Die von der Stadtplanung beauftragte Terra Cognita-Studie (2016) erzeugt mit über 300 Entlassungen aus dem Erhaltungsgebot verbrannte Erde. Für die prinzipiell sinnvolle Neubewertung des Gebäudebestandes hat hingegen eine wissenschaftlich fundierte Studie, eine entsprechende Arbeit wurde ebenso im Auftrag der Stadtplanung 2012 erstellt, die Basis zu bilden!

Die Initiative Um+Bau+Kultur hat die Erstuntersuchung von Terra Cognita (2016) eingehend studiert. 305 von 1134 Gebäuden, also 27%, sollen mit fragwürdigen Argumente ihr Erhaltungsgebot verlieren. Mit einem Festhalten an dieser Vorgehensweise wird weitere stadtgeschichtlich relevante Bausubstanz unwiderruflich zerstört.

Unabhängig von einander divergierenden Einzelmeinungen seitens Verwaltung, Politik und unabhängiger ExpertInnen, ob es hier rein um Ortsbilder und nicht um Denkmalschutz oder die kulturelle Bedeutung eines Einzelobjektes geht, ist festzuhalten, dass es im Gesamtbild um Baukultur geht, und dieser wird eine punkto Kriterienauswahl fragmentarische, wissenschaftlich als unvollständig zu betrachtende Studie nicht gerecht.

Baukultur ist eine wesentliche gemeinschaftlich zu erbringende gesellschaftliche Leistung, natürliche und gebaute Umwelt, die als lebenswert wahrgenommen werden sollte, wiederherzustellen, zu erhalten, zu verändern. Sie vereint unsere sozialen, ökologischen, ökonomischen aber auch emotionalen und ästhetischen Werte und Zielsetzungen. Baukultur spiegelt einen fortwährenden gesellschaftlichen Diskurs um Aneignung und Nutzung, um das Kräftespiel aktiver Generationen an der Gewichtung und Umsetzung eben beschriebener Werte wider. Gelebte Baukultur ist ein Inbegriff an Nachhaltigkeit, da Generationengerechtigkeit im Kern nicht nur unsere Zukunft formt, sondern auf einer wertschätzenden Haltung und Verantwortung für bereits geleistete, kulturelle Errungenschaften aufbaut. Es geht also auch um die Überlieferung all dieser kulturellen Leistungen, Identitäten, die jeden von Salzburgs Stadtteilen so einzigartig macht.

Die Initiative Um+Bau+Kultur hat stichprobenartig einige der über 300 Gebäude, die gemäß der Terra Cognita Studie einen erhaltenswerten Status seitens der Stadt Salzburg verlieren sollten, geprüft. Alle Stichproben lassen aus unserer unabhängigen Sicht keine ausreichenden Gründe für eine Aufhebung des Erhaltungsgebotes erkennen. Die Auswahl fügt sich in erschreckender Weise in ein Bild eines drohenden oder exekutierten baukulturellen Kahlschlages der letzten Jahre, wie beispielsweise anhand der Rauchmühle oder der Volkschule Gnigl ablesbar.

Der Wunsch der Stadt, nach rund 30 Jahren eine (Neu-)bewertung des Baubestandes (bis 1983) durchzuführen, ist nicht nur legitim, sondern auch wissenschaftlich sinnvoll: Die Initiative Um+Bau+Kultur Salzburg schlägt vor, beim Planungsausschuss im März die fachlich fundierte Studie von Rainer Mayerhofer und Roman Höllbacher präsentieren zu lassen und zu diskutieren. Diese vom Amt für Stadtplanung und Verkehr (MA 5/03) beauftragte vorbildliche Studie von 2012, die auch wertvolle Einzelgebäude von 1945 bis Dezember 1983 in den Fokus nahm, geriet nur leider in Vergessenheit.

Die Initiative Um+Bau+Kultur sieht darin aber ein sinnvolles Strategiepapier zur Erhaltung, Evaluierung und Begutachtung baukulturell wertvoller Gebäude und Strukturen in der Landeshauptstadt Salzburg. So hat diese Studie von 2012 exemplarisch im Teilgebiet Neu-Maxglan eine Methode entwickelt, die hervorragend im gesamten Stadtgebiet anwendbar ist. Sie hat den Schutz erhaltenswerter Bausubstanz im städtebaulichen Kontext mit Augenmerk auf Orts-, Straßen- und Landschaftsbild verknüpft und bietet zudem seriöse Handlungsanweisungen für künftige Bebauungen.

Der Ausverkauf an Baukultur außerhalb des Altstadtschutzgebietes ist schon jetzt dramatisch. Wird die Terra Cognita-Studie beschlossen oder auch nur im Planungsausschuss „Zur Kenntnis genommen“, so wird sich die Tendenz weiter verstärken, dass Salzburg – jenseits der touristischen Idylle – gewachsene Strukturen und Charakter verlieren wird. (Initiative Um+Bau+Kultur)

Der Initiative Um+Bau+Kultur Salzburg gehören an:
Dr. Norbert Mayr, Freier Architekturhistoriker, Stadtforscher
Mag. Jana Breuste, Freie Architekturhistorikerin, Lehrbeauftragte an den Universitäten Salzburg und Innsbruck
Dipl.-Ing. Uli Staebner, Architekt
Dr. Hannes Augustin, Biologe
Mag. arch. Bernhard Rihl, MSc, Bürgerbeteiligungsexperte und Architekt
Birgit Silberbauer, Restauratorin (Spezialgebiet historische Architekturoberflächen)
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Bilder: Norbert Mayr
Zur Stellungnahme der Initiative Denkmalschutz
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