Es steht viel auf dem Spiel
KOMMENTAR
Von Reinhard Kriechbaum
27/11/17 Die Pressemeldung, die da just am Nationalfeiertag hinaus ging, war karg: Man solle „gehen wenn es am Schönsten ist“, wurde da die Dirigentin und künstlerische Leiterin der Salzburger Kulturvereinigung Elisabeth Fuchs zitiert.
So schön scheint es aber dann doch nicht zu sein. In den vergangenen zehn Jahren habe sie ihrer „musikalischen Vision“ folgen und für die Kulturvereinigung ein Programm kreieren können, „dem das Publikum mit Begeisterung gefolgt“ sei. Aber „aktuell gibt es unterschiedliche Vorstellungen bezüglich Programmplanung und Schwerpunkten der Salzburger Kulturvereinigung“, schreibt Elisabeth Fuchs. Deshalb werde sie ihren Vertrag nicht über den 31. Dezember 2018 hinaus verlängern. Und sie schießt noch nach: „Salzburg ist und bleibt die Stadt meiner Wahl! Als Gründerin und Leiterin der Philharmonie Salzburg und der Kinderfestspiele werde ich in Stadt, Land und anderswo noch viele spannende Akzente setzen und neue Wege gehen.“
Da sollten bei der Kulturvereinigung jetzt alle Alarmglocken läuten, denn gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt gäbe es für den größten bürgerlicher Musikveranstalter in der Stadt nicht wenig zu verlieren. Elisabeth Fuchs hat als Kulturvereinigungs-Leiterin quasi sich selbst adoptiert, indem die Reihen der Philharmonie Salzburg und die Kinderfestspiele, beide total auf die Jugendarbeit fokussiert, ganz eng verknüpft wurden mit den „klassischen“ Konzertaktivitäten der Kulturvereinigung.
Andere Veranstalter mühen sich redlich ab mit Jugendprojekten, Elisabeth Fuchs hat die Jugendarbeit demgegenüber im Großformat aufgezogen. Die drei Konzertzyklen im Großen Festspielhaus mit ihren über 4.300 Abonnenten und in Summe 45.000 Besuchern sind immer noch das Kraftreservoir. Aber dazu kommen an die 25.000 junge Menschen (Kinder-, Jugend-, Lehrlingskonzerte) und nochmal rund 500 aus den Abos der Philharmonie Salzburg. Das alles wird derzeit in einem gemeinsamen Kartenbüro abgewickelt, mit allen Optionen für Wahl-Reihen und Quer-Angebote. So darf man – auf längere Sicht – mit Schnittmengen spekulieren. Von solchen Möglichkeiten dürfen andere Konzertveranstalter nicht mal träumen.
Vor zwei Jahren wurden die Zahlen der Kulturvereinigung gut aufbereitet. Danach wurden 2014/15 im Lauf eines Jahres über 100.000 Leute auf Trab gebracht. In den Balkengraphiken näherten sich jene der „66+“-Besucher und der 46 bis 65jährigen an. Hinsichtlich des Bildungsstands verdienten die Werte „18 Prozent Lehrabschluss“ und „6 Prozent Pflichtschulabschluss“ immerhin einen Seitenblick.
Die unlängst vorgelegte Wirtschaftsanalyse verweist freilich auf die tatsächlichen Proportionen zwischen den Generationen: Siebzig Prozent des Publikums sind zwischen 60 und 80 Jahre alt. Die Hälfte Besucher sind Pensionisten, wogegen sich lediglich 1,8 Prozent aus jungen Menschen, also Schülern, Lehrlingen und Studenten zusammensetzen.
Dass also bei der letztlich als Verein organisierten Kulturvereinigung die „Alten“ nicht ganz ohne Misstrauen auf den innovativen Weg von Elisabeth Fuchs schielen, ist nicht weiter verwunderlich. Schließlich trachtet sie, die Jugend und ihre jungen Eltern anzusprechen.
Ganz offensichtlich haben derzeit die „Oldies“ argumentativ Oberhand. Aber Elisabeth Fuchs hat nicht eilends gekündigt, sondern bloß das Ende ihrer Tätigkeit in 14 Monaten in Aussicht gestellt. „Bis zu diesem Zeitpunkt komme ich natürlich all meinen Aufgaben als künstlerische Geschäftsführerin mit Freude nach, werde für die kommende Saison ein spannendes Programm vorlegen“, schreibt sie. Das klingt ganz und gar nicht nach grollendem Abschied. Vielleicht gar nur eine Form von Theaterdonner, um den Kulturvereinigungs-Präsidenten Hans Schinwald plus Konsorten zum Nachdenken zu bringen?
Mit der Generation „66+“ allein ist für die Kulturvereinigung jedenfalls wenig zu holen. Nicht zuletzt deshalb, weil die nachrückende „mittlere“ Generation als Publikum so gut wie ausgefallen ist. Diese ist am ehesten über ihre Kinder – also über die Enkelgeneration der heutigen Konzertbesucher-Mehrheit – zu ködern. Das hat Elisabeth Fuchs völlig richtig erkannt.