Die kunstvoll gebaute und illustrierte Welt
SALZBURG MUSEUM / FISCHER VON ERLACH (3)
07/04/23 Er hat imponierende Bauwerke geschaffen, das Schloss Schönbrunn für Kaiser Karl VI. zum Beispiel oder für den Salzburger Landesfürsten Erzbischof Guidobald Thun das Schloss Kleßheim. Aber echte „internationale“ Bekanntheit verdankte Fischer von Erlach nicht gebauter, sondern gezeichneter Architektur.
Von Reinhard Kriechbaum
Auf einer feinen Zeichnung sind zwei Motive auf einem Blatt gelandet, die so ganz und gar nichts miteinander zu tun haben. Oben sieht man die imposanten Steine von Stonehenge, unten das Steintheater von Hellbrunn. Die prähistorische Kultstätte in England kannte Fischer von Erlach nur vom Hörensagen und wohl auch von Skizzen, die Reisende von dort mitgebracht hatten.
Er selbst ist ja nur in den Süden gereist und über Rom und Neapel nicht hinausgekommen. Das Steintheater in Hellbrunn hat er aber mit Sicherheit selbst gesehen im Lauf der fünfzehn Jahre, in denen er hierorts für den Salzburger Fürsterzbischof das Schloss Kleßheim und fünf Kirchen baute. Die Archaik der Felsen mag ihn bewogen haben, beide Motive auf ein Blatt zu bannen.
Der Koloss von Rhodos. Auch dieses Blatt ist eine der Vorlagen für einen Architektur-Bestseller im 18. Jahrhundert. 1721 ist Fischers Entwurff Einer Historischen Architectur erschienen, die erste Architekturgeschichte überhaupt. Dieses Buch machte Furore und den Namen Fischer von Erlach schlagartig berühmt.
Da hat der famose Architekt und Barock-Illusionist seinen Blick auf die ganze Welt gerichtet und gleich mal mit den Weltwundern der Antike angefangen. Wie er sich den Koloss von Rhodos erdachte, prägt unsere Vorstellung bis heute. Wer hat nicht die Figur vor Augen, die mit je einem Bein auf den Molen der Hafenausfahrt steht? Ein Schiff fährt mit geblähtem Segel gerade durch die machtvolle Grätsche der Riesenstatue.
Genau wegen dieses epochalen Druckwerks sind auch Pyramiden auf dem Plakat der Fischer von Erlach-Ausstellung gelandet. Pyramiden hatten es ihm angetan, obwohl er in seinem Leben nur eine gesehen hat, die Sextus-Pyramide in Rom. Wie er sich die Pyramiden von Gizeh vorstellte und die Sphinx? Der Wirkung hat Fischer nachgeholfen, indem er einen recht gewittrigen Himmel dazuerdacht hat. Ägypter täten sich wundern. Aber genau das ist das faszinierende an Fischers Architektur-Phantasmagorien: Genau Recherchiertes und barock ausschießende Fantasie sind zu imposanten Bildkompositionen zusammengefügt.
Da findet sich ein Grundrissplan und ein Aufriss einer der großen Istanbuler Moscheen auf einem Blatt. Die Bauwerke stehen gelegentlich für sich allein, oft sind sie aber auch von Staffagefiguren umgeben, vermitteln also einen Eindruck vom Leben drumherum.
Nicht nur bis zu den Rändern Europas ist Fischer auf seinem imaginären Architektur-Reisen vorgestoßen, es finden sich Motive bis in den Fernen Osten. Es ist tatsächlich eine Architekturgeschichte, die sich über die damals bekannte Welt erstreckt. Nebenbei angemerkt nur: Fischer von Erlach hielt fest, dass sich in den Bauwerken und der Kleidung die Individualität von Völkern spiegle. Da schwingt viel Respekt mit vor dem Fremden, das er den Betrachtern dann doch mit sehr individuellem Gestus nahezubringen trachtete.