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Ent-Kopplung von der Realität

MdM MÖNCHSBERG / TRUE PICTURES?

21/03/22 Unter Titel True Pictures? zeigt das MdM Mönchsberg zeitgenössische Fotografie aus Kanada und den USA. Im Zentrum – das Werk von Künstlerinnen und Künstlern der Jahrgänge 1946 bis 1989.

„In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts galt die nordamerikanische Fotografie als wegweisend für die zunehmende Etablierung des Mediums als künstlerisches Ausdrucksmittel.“ Diese Vorreiterrolle ging verloren, „als die Fotografie in Europa seit den 1980er-Jahren einen eigenständigen Entwicklungsweg einschlug“. Ähnlich wie die nordamerikanische bildende Kunst der 1950er- und 1960er-Jahre galt auch die nordamerikanische Fotografie dieser Zeit lange Jahre als vorbildhaft. „Als die künstlerische Fotografie in Europa ab den 1980er-Jahren eigenständige Wege einschlug, schien die Orientierung an der amerikanischen Fotografie für viele jüngere Künstlerinnen und Künstler nicht mehr verbindlich.“ Amerika war nicht länger Maß aller Dinge. Das ist der Hintergrund der Ausstellung True Pictures?. In den Blick genommen werden auf dem Mönchsber vierzig Jahre fotokünstlerisches Schaffen in Kanada und den USA. Werke von insgesamt 27 Künstlerinnen und Künstler aus drei drei Generationen werden gezeigt. „True Pictures? erzählt die Geschichte der neueren nordamerikanischen Fotografie, stellt Fragen nach ihrem Verhältnis zur Wirklichkeit und ihrem

Wahrheitsgehalt und beleuchtet das Selbstverständnis eines Kontinents und eines Mediums im Wandel“, sagen die Kurtatorinnen Kerstin Stremmel und Andrea Lehner-Hagwood. Die Schau ist eine Kooperation des Museum der Moderne Salzburg mit dem Sprengel Museum Hannover.

Am Anfang stand für das künstlerische Selbstverständnis der Fotografie „oft die Frage nach dem Wahrheitsgehalt des Mediums“. Von dieser „Kopplung an die Realität“ habe sich die abstrakte und die inszenierte Fotografie seit den späten 1970er-Jahren befreit. Zu den wichtigen Vertreterinnen der ältesten in der Schau vertretenen Generatio gehört etwa Cindy Sherman, die sich in ihren ab 1977 entstandenen Untitled Film Stills selbst in verschiedenen Rollen inszenierte. Einer dieser Film Stills wird im Jahr 2000 von Laurie Simmons zitiert. Rodney Graham ist in Media Studies '77 aus 2016, in einer Rolle als dozierender Hochschullehrer, der an den Schauspieler Robert Redford erinnert, zu sehen. Diese Arbeit besteht aus zwei großformatigen Leuchtkästen, „einem Medium, mit dem der kanadische Künstler Jeff Wall bekannt wurde“. Eines seiner bekanntesten Werke, The Thinker aus 1986, zitiert die Körperhaltung der ikonischen Skulptur Der Denker von Auguste Rodin. Modernes Leben, Gesellschaftskritik und Landschaftsfotografie sind Thema der Landscapes for the Homeless von Anthony Hernandez entstanden zwischen 1988 und 1991. Menschen sind in dieser Serie „nur in Form der Spuren und Abfälle, die sie hinterlassen haben präsent“. Allan Sekulas Untitled Slide Sequence aus 1972 erinnert an die ältesten Film der Gebrüder Lumière aus dem Jahr 1895.

Bei der zweiten Generation, mit ihren „neuen subjektiven und medienkritischen Strategien“ gebe es erzählerische Ansätze und politisches Engagement. „In manchen Arbeiten mischt sich beides“, so die Kuratorinnen. „Exodus, 1975 von Stan Douglas ist eine detailliert choreografierte und konstruierte Aufnahme, die eine Verbindung zwischen zwei voneinander völlig unabhängigen Ereignissen herstellt: dem Beginn der angolanischen Befreiungsbewegung auf der einen Seite und der New Yorker Partykultur in ramponierten Lofts auf der anderen Seite.“ Thema von Zoe Leonard ist Migration. Ken Lum, Sohn chinesischer Immigranten, kombiniere in seiner Serie There is no place like home (2000) Bild und Text so, „dass die Arbeiten an typische Werbefotos erinnern“. Lorna Simpson stelle in Corridor (Night) (2003) die Lebensrealitäten zweier afroamerikanischer Frauen aus verschiedenen Zeiten gegenüber.

Digitale Technologien, Globalisierung der Kunstwelt oder Entstehung von Social-Media-Kanälen beschäftigen die dritte Generation: Ihr gehe es um „Umweltthemen, politische Umwälzungen, Ungerechtigkeits- und Überwachungssysteme in den USA, das Leben und die Rechte von indigenen Völkern, Geschlechtsidentitäten, Rassismus sowie und die Lebenswelten der schwarzen Bevölkerung“. Vertreterinnen und Vertreter sind etwa Walead Beshty und Owen Kydd, die die Bedingungen untersuchen, unter denen Kunst entsteht, oder Ayana V. Jackson: „Sie setzt sich in ihren jüngeren Arbeiten, zu den auch Anarcha aus 2017 gehört, mit dem konventionellen Blick auf schwarze Weiblichkeit im Zeitalter des Kolonialismus auseinander und zeigt auf, wie die Körper schwarzer Frauen erotisiert und exotisch konnotiert werden.“ (MdM / dpk-klaba)

True Pictures? – bis 26. Juni im MdM Mönchsberg - Kuratorinnenführung mit Andrea Lehner-Hagwood am Mittwoch (23.3.) und am 27. April jeweils um 18 Uhr – www.museumdermoderne.at
Bilder: Ayana V. Jackson / Courtesy of the artist and Mariane Ibrahim; Rodney Graham / Courtesy of the artist and Hauser & Wirth; Jeff Wall / Courtesy of the artist

 

 

 

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