Musik-Meister und Berieselungsspezialisten
DOMQUARTIER / ÜBERALL MUSIK!
17/07/20 Man hätte auch früher beginnen können, mit dem Mönch von Salzburg, aber das Thema der neuen Ausstellung Überall Musik! im DomQuartier ist eben der Salzburger Fürstenhof als Zentrum europäischer Musikkultur von 1587, dem Regierungsantritt Wolf Dietrichs, bis 1807, der endgültigen Auflösung der Hofkapelle. Ein gelungener Streifzug durch ein Stück Musikgeschichte, nicht überladen und nicht zu eng.
Von Gottfried Franz Kasparek
Die Prunkräume der Residenz, das Nordoratorium des Doms und die „Lange Galerie“ von St. Peter ergeben einen atmosphärischen Rahmen für die Zeitreise von der Renaissance bis in die frühe Romantik. Das von Elisabeth Resmann angeführte, von Sabine Krohn kuratierte Team hat schöne Arbeit geleistet. Virgil Widrich (Künstlerische Leitung) und Hans Kudlich (Ausstellungsgestaltung) entwickelten „moderne architektonische Interventionen“, die vor allem durch ihre Spiegeleffekte und geschickte räumliche Dialoge von Alt und Neu einnehmen.
Dass im Barock Musik sehr oft entweder dem geistlichen Gebrauch diente oder Tafelmusik war, letzteres nicht immer zur Freude der zu Berieselungsspezialisten degradierten Komponisten, wird ebenso deutlich wie die späte Blüte der Barockoper am Hof der Fürsterzbischöfe. Dass die Musikanten damals eigentlich noch Dienstboten waren, die ständig Neues liefern mussten, wird ebenfalls erkennbar gemacht. Der berühmte Arschtritt, mit dem der unbotmäßige Mozart aus dem Dienst befördert wurde, markiert einen Wendepunkt.
Apropos Mozart – wie schön, dass in Ausstellung und Katalog immer von „Wolfgang Amadè“ die Rede und Schreibe ist und nie von der gefälschten „Marke Amadeus“. Der Genius loci ist zwar würdig vertreten, aber nicht dominant, denn man sollte über ihn nicht seinen Vater Leopold und Michael Haydn vergessen – und schon gar nicht die Barockmeister Muffat und Biber und erst recht nicht begabte Zeitgenossen und direkte Vorläufer wie Eberlin und Adlgasser. Bis zu Neukomm und Joseph Wölfl, den letzten prominenten Salzburgern der Musikgeschichte vor der langen Pause des langen 19. Jahrhunderts, reicht der gelungene Bogen, den die Ausstellung spannt.
Anfangs im Carabinierisaal dominieren Stellwände und Bodenstreifen, was auch Corona geschuldet ist, dann wird es sozusagen von Raum zu Raum spannender. Das Dreieck als vielfältiges Symbol für Glauben und Herrschaft wird zum grundlegenden Gestaltungselement. Die kulinarische Seite kommt dabei nicht zu kurz. Kinder und Jugendliche dürfen auch Rätsel lösen, Perücken frisieren und alte Kostüme probieren. Es gibt viel zu sehen und viel zu hören, man kann sich von einer App begleiten oder leiten lassen oder einfach ganz altmodisch schauen. Die Notendokumente und sonstigen Handschriften und Drucke sind gut gewählt und erschlagen nicht durch Fülle.
Neben den bekannten Größen begegnet man auch einem Francesco Rasi, der am Hof des Sitticus ein Pionier der damaligen Moderne war, oder den wichtigen Hoftrompetern und einem um 1800 komponierenden Pater der Benediktiner namens Meingosus Gaelle. In der „Langen Galerie“ gibt es auch Notenhandschriften von Maria Anna Mozart zu sehen – sie war ja die Lehrerin Wölfls.
Der morgige Eröffnungstag (18.7.) wird ab 11 Uhr von Live-Musik in den Dombögen und im Carabinierisaal begleitet. Da gibt es Mozarts Freundschaftsdienst an Michael Haydn, die Duos für Violine und Viola, ebenso zu hören wie den Liederzyklus „Die Geister des Sees“ von Wölfl oder Trompetenaufzüge von Anton Diabelli.