Bewegung in der Ruhe
NEXUS / SALZBURG MUSEUM / KEMSA
16/09/19 „Mit einem ganz eigenen Blick für Komposition, Bildausschnitt und Perspektive kreiert Kemsa bestechend klare ästhetische und undramatische Bilder mit einem übergeordneten Raum-Zeit-Verständnis.“
Gudrun Kemsas Panorama-Fotoarbeiten und Videos entstehen in Metropolen in der ganzen Welt. Menschen bewegen sich auf Promenaden, Straßen und Bo
ulevards, über Plätze, vor Architekturen wie Hochhäusern und Geschäften mit Glasfassaden oder auch vor freiem Himmel wie in der großformatigen Serie Choreographies. Obwohl es sich bei Kemsas Bildern um „Fotografien der Straße“ handle, so die Kuratorin, die die Ausstellung in der Kunsthalle im Kunsthaus Nexus betreut, sei diese „weit entfernt von der sogenannten Street Photography“. Kemsas Fotografien entstünden weder spontan wie diese, noch dokumentieren sie spezifische Stadtlandschaften oder soziale Gegebenheiten. Mit einem ganz eigenen Blick für Komposition, Bildausschnitt und Perspektive kreiert Kemsa bestechend klare, äußerst ästhetische und undramatische Bilder mit einem übergeordneten Raum-Zeit-Verständnis.
Basis von Kemsas aus der Distanz fotografierten Bilder ist eine zeitintensive, sorgsame Suche nach perfektem Ort, Zeitpunkt und Licht. Die Situationen ändern sich ständig, sodass eine lange Beobachtungszeit nötig ist. „Da der finale Bildausschnitt von größtmöglicher visueller Ruhe bestimmt sein soll, gilt es störende Elemente zu vermeiden.“ Der spezielle Blick von Kemsa lasse den urbanen Raum fremd und unwirklich erscheinen und eröffne, so die Kuratorin Petra Noll-Hammerstiel, die Frage nach dem Wahrheitscharakter fotografischer Bilder.
„Move In Time! Dadurch, dass die Fotografien grundsätzlich querformatig und häufig sehr groß sind, wirken sie wie Bilder eines Films und vermitteln den Eindruck längerer Dauer.“ Das Licht strukturiert und ist durch die Schatten ein „Indikator für zeitliche Veränderung“.
Die Serie „Choreographies“, bestehend aus Doppelbildern von je gut zwei Metern Breite, ist an einer großen Treppenanlage im Hochhaus-Viertel La Défense in Paris entstanden. Die Bilder wurden gegen den Himmel fotografiert, sodass sich die Menschen in einem „grenzenlosen“ Raum befinden, von dem sie sich extrem absetzen und monumental wirken.
Das Medium „Video“ erlaube es, Zeit auf andere Weise als in der Fotografie sichtbar zu machen. In ihrem nachts von einem Boot auf dem Huangpu River aus gefilmten Video der Skyline von Pudong/Shanghai, wirkt es, als sei die Architektur in Bewegung versetzt. Kemsa gelingt es, die verstreichende Zeit fühlbar zu machen und das hektische touristische Sehen in ein bewusstes Wahrnehmen zu verwandeln. Auch hier: Move in Time!
Gudrun Kemasa stellt derzeit auch in der Stadt Salzburg aus: In ihrer Ausstellung Moving Portraits im Salzburg Museum präsentiert die Düsseldorfer Foto- und Videokünstlerin noch bis 6. Oktober ihre Videoserie mit dem Titel Moving Portraits. Kemsa begleitete dafür Salzburger Persönlichkeiten wie Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, Gabriele Ramsauer, die Leiterin der Mozart-Museen oder Erzabt Korbinian Birnbacher.
Gudrun Kemsa, Jahrgang 1961, studierte zwischen 1980 und 1990 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Karl Bobek und David Rabinowitch. Seit 2001 ist Kemsa Professorin für Bewegte Bilder und Fotografie an der Hochschule Niederrhein in Krefeld. Die letzten ihrer zahlreichen Einzelausstellungen sind derzeit in Salzburg und Saalfelden zu sehen. (Nexus/dpk-klaba)