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Ein Siedlungshaus in Hanglage?

INITIATIVE ARCHITEKTUR / WOHN RAUM ALPEN

18/01/12 Wenn sich Architektur selbst darstellt, sind das oft exquisite Einfamilienhäuser, in denen Geld und Geschmack (des jeweiligen Bauherrn und der Architekten) effektvoll zusammenfließen. Die Schau „Wohn Raum Alpen“ der Initiative Architektur und der Architektenkammer zielt aber in eine ganz andere Richtung, auf den Wohnbau.

Von Reinhard Kriechbaum

altSiebzig Gebirgsgruppen, achtzig Talschaften, stolze 14 Millionen Einwohner – aber nur 17 Prozent der 190.000 km² Fläche sind überhaupt zu besiedeln. So stellt sich für Architekten der Alpenraum zwischen Frankreich und Slowenien, zwischen Oberbayern und Friaul dar. Wenig waagrechte Fläche also, und mithin viel zu wenig Platz, um ihn mit schmucken Einfamilienhäusern vollzupflastern. „Nicht das Niedrig-Energie-Haus am Waldrand kann unser Thema sein“, sagt Peter Haider, Geschäftsführer des Salzburger Instituts für Raumordnung und Wohnen.

altÖkonomischer (und auf lange Sicht auch einzig zielführend) sind Gebäude mit mehreren Wohneinheiten. Die Wanderausstellung, nach Salzburg geholt von der Initiative Architektur, der Architektenkammer und Gemeindeentwicklung Salzburg, will uns mit der Nase drauf stoßen, dass das erstrebenswerte Ziel nicht das Einfamilien-Schlafhaus in der Pampa sein sollte. Bauherren (Siedlungsgenossenschaften), Bürgermeister und Architekten wären in die Pflicht genommen, sich attraktive gemeinschaftliche Wohnformen auszudenken.

Die Fotoausstellung, die zweigeteilt ist auf den Schauraum der Initiative Architektur im Künstlerhaus (Beispiele aus Österreich) und die Architektenkammer am Gebirgsjägerplatz 10 (Beispiele aus den anderen Alpenländern), zeigt einen Querschnitt. Die Gestalter der Fotoschau, die auch schon im Architektur-Vorzeige-Unort altSaalfelden zu sehen war, wollen nicht klassifizieren, sondern zeigen, wie man in den Alpenländern derzeit baut: Häuser mit mindestens fünf Wohneinheiten, entstanden ab dem Jahr 2000, stehen zu Debatte.

Bemerkenswerterweise kommt Salzburg nicht vor. Das liegt nicht an der Auswahl der Kuratoren, sondern am Nicht-Vorhandensein entsprechend repräsentativer Bauten. Auch der Salzburger Baukunstführer spiegelt den minimalen Anteil an qualitativ erwähnenswerten Gebäuden dieser Art: Keine Nennungen im Pinzgau und Lungau, acht Beispiele in den übrigen Bezirken. Es ist also tatsächlich Bewusstseinsbildung nötig, um zu vermitteln, dass auch in Unken oder Mittersill das Einfamilienhaus nicht das Maß aller Dinge ist. Günther Dollnig von der Ziviltechnikerkammer hat im Pressegespräch zur Ausstellungseröffnung altdarauf hingewiesen, dass die engen baugesetzlichen Vorgaben hierzulande nicht viel Raum ließen für wirklich kreative, zukunftsweisende Lösungen. Und solche sind eben gefragt, wenn Architektur Wohnqualität bieten soll und in ihrem Erscheinungsbild auf den alpinen Natur- und Kulturraum abgestimmt sein soll.

Schaut man sich im Österreich-Raum (im Künstlerhaus) um, so könnte man den Eindruck gewinnen: State of the art ist derzeit der übliche Würfel, aber er ist im ländlichen bereich nicht aus Beton, sondern aus Holz. Dem sei aber nicht so, halten die Ausstellungskuratoren (Eva Maria Herrmann und Markus Kuntscher aus München) entgegen. In Slowenien gehe man mit Materialien und Farben tendenziell fantasiereicher um, und die Schweiz sei überhaupt ein Musterland, was alpines Neu-Bauen betrifft.

Jedenfalls muss der Siedlungsbau auch inner Gebirg ein Thema sein beziehungsweise werden: Die fortschreitende Urbanisierung ist nämlich auch dort eines der Hauptthemen. Waren die Alpen zu Beginn der Industrialisierung ein primär ländlich geprägter Raum mit einigen urbanen Zentren, so leben heute bereits 27 Prozent der Alpenbevölkerung in urbanen Siedlungsflächen mit 5.000 bis 100.000 Einwohnern.

Die Schau im Künstlerhaus (Initiative Architektur) und in der Architektenkammer (Gebirgsjägerplatz 10) ist bis 1. März zu sehen.Es gibt Vorträge zum Thema und die ARTgenossen bieten Vermittlungsprogramme für Schulen an. – www.initiativearchitektur.at
Bilder: Hartmut Nägele (3); Jana Breuste (1)


 

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