Traumflug ins ewige Eis
THEATER ECCE / DIE SCHNEEKÖNIGIN
17/12/15 Die Räuberhauptfrau sitzt auf einem Thron aus Schistecken und ist auch sonst eine beeindruckende Erscheinung. Die Schneekönigin dagegen kommt mit Schneesturm und Wind: Lebendig gewordene Kristallgeister ranken sich um ihren Schlitten, der den kleinen Kai entführt – und tatsächlich in die Lüfte entschwebt.
Von Heidemarie Klabacher
Das Theater Ecce hat wieder einmal alles aufgeboten, wofür es steht: Märchen und Poesie - ja sogar Akrobatik - für alle Menschen, die guten Willens sind.
Nach ihrer ersten Spielzeit vergangenen Winter in Leogang feierte „Die Schneekönigin“ heute Donnerstag (17.12.) vormittags ihre lang angekündigte Premiere im Republic. Wie heimelig ist das kleine Haus der Großmutter, das nur durch eine Projektion entsteht. Wirklicher als jede Wirklichkeit (besonders „heutzutage“ wo der Schnee nur mehr aus der Schneekanone kommt) sind die vielen Video-Schneegestöber. Wie merkwürdig das Intermezzo im Schloss des nördlichen Königs. Dieser steht auf der Schuldnerliste des Kommerzienrates, der Gerdas Großmutter den im Winter blühenden Rosenstrauch abkaufen wollte und stinksauer war, als er begreifen musste, dass nicht alles auf der Welt für Geld zu haben ist. Aus Rache setzt er die geheimnisvolle Schneekönigin auf Gerdas Pflegebruder Kai an…
Eine große Verneigung vor dem gesamten Technik-Team! Alois Ellmauer (Bühne), Gerd Walter (Werkstatt & Bühnentechnik), Nicole Baier (Video) und Heide Tömpe (Licht) haben ein hochpoetisches Gesamtkunstwerk entstehen und dabei die Bühne dennoch immer angenehm leer wirken lassen. Der Hohe Norden behält so seine Größe und Weite. Es ist kein harmloser Raum, in den Gerda sich da wagt. Die Mächte, mit denen sie sich anlegt sind Dämonen, so alt wie die Menschen selbst – und wohl auch im Menschen selbst beheimatet. Gier und Gewinnsucht, die über Menschlichkeit und Mitgefühl stehen, setzten die Ereignisse in Gang.
Für solche Überlegungen bleibt genug Zeit. Dass die kleine Gerda in der Eröffnungssequenz ausgerechnet Mathehausübung macht und den Wasserverbrauch einer Schneekanone in dreieinhalb Stunden (zwei Stunden brauchen sechstausend Liter Wasser) berechnet, ist angesichts der Koproduktionspartner fast ein wenig frech. Mit Welt-Rettungs- bzw. -Verbesserungsfantasien hält man sich im Übrigen (dankenswerterweise) zurück.
Regisseur Reinhold Tritscher hat zusammen mit Wolf Junger (Choreografie), Ulfried Kirschhofer (Akrobatik) sowie Hilde Böhm und Norbert Gruber (Kostüme) einfach eine hinreißende Produktion geschaffen. Die Musiker Rupert Bopp, Gernot Haslauer, Robert Kainar und Fritz Moßhammer sowie der Tontechniker Daniel Mayrhofer tragen mit einer ganz eigenen Klangsprache zur Gesamtwirkung wesentlich bei.
Das Märchen von Hans Christian Andersen wird in der Kooperation des Theater Ecce mit der Tourismusregion Saalfelden Leogang, dem Kulturverein Freiraum Leogang, den Leoganger Bergbahnen, der Gemeinde Leogang, der Lebenshilfe Salzburg und Pinzgau sowie der LAUBE-Sozialpsychiatrische Aktivitäten GmbH – sehr genau nacherzählt.
Die Stationen der treuen Gerda auf ihrer Suche in immer kälteren Gefilden werden in einprägsamen starken Bildern illustriert. Zwei Stunden – mit kurzer Pause – sind für eine Kinder- bzw. Familienproduktion dennoch sehr lang. Gewünscht hätte man sich auch als Erwachsener eine leicht gekürzte Version ohne Pause. Die Wirkung könnte durch Konzentration (und Streichen einiger Dialoge) nur noch gesteigert werden.