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Glück ist, die richtige Rolle zu spielen

THEATER ECCE

24/06/22 Das Theater Ecce hat sein Zelt im Parkgelände des Bildungshauses St. Virgil aufgebaut und spielt dort Das Lächeln am Fuße der Leiter. Der Text von Henry Miller wird zur poetischen Zirkus-Performance.

Von Erhard Petzel

Der extrem erfolgreiche Clown August ist unzufrieden, die Leute ständig nur zum Lachen zu bringen, während er innerlich wirksame und dauerhafte Freude vermitteln möchte. Er verlässt den Zirkus für einen Selbstfindungstrip in Form einer Natur- und Traumsequenz, steigt als niemand und als Mädchen für alles, ganz unten beginnend, erneut ins Zirkusleben ein und ist zunächst glücklich mit seiner dienenden Erfüllung. Als aber Clown Antoine erkrankt, springt er für ihn in seiner Rolle ein und fährt einen fulminanten Erfolg ein, was Antoine das Herz bricht, worauf er stirbt. Das daraus resultierende Dilemma und Gewissensbisse führen zum Entschluss, nach Südamerika auszuwandern und dort ohne Belastung durch eine ruhmreiche Vorgeschichte neu zu starten. Der wird aber verworfen nach der Erkenntnis, dass sein Glück finden kann, wer sich in seinen Rollen findet, ohne die Ziele zu überspannen. Das Publikum im vollen Theaterzelt erteilt da begeisterte Zustimmung.

Millers Erzählung stammt aus dem Jahr 1948 und greift auf die philosophischen und künstlerischen Impulse seiner Zeit zu. So finden sich Zirkusbilder u.a. bei Chagall, Seurat und Miró, der Themen wie Mond und Leiter vorgibt. Die Figur des Clowns als Metapher findet sich darüber hinaus in der künstlerischen Produktion der klassischen Moderne allenthalben. Vereint er doch klassische Widersprüche in seiner Person und kann als Folie menschlichen Strebens in ihrer dialektischen Problematik modelliert werden. Entsprechend erzählungsselig beginnt der Abend im Zirkuszelt auf dem verwunschen naturhaften Park-Areal des Bildungshauses St. Virgil. Die Worte werden zunächst von choreografierten Szenenbildern gespiegelt und unterfangen.

Im Verlauf der Handlung verdichtet sich die Szene zu poetischen Reigen, die von unterschiedlichen Akteuren gestalteten Erzählungen werden zunehmend von inhaltlicher Aktion durch- und ersetzt. Im Zentrum Jurij Diez als Clown August, der sich nach einem Erfolgsrausch als Star der Szene in Selbstzweifeln zerfleischt und nach einem Karriereknick zu sich und wieder in sein Metier findet. In hinreißender Clowneske spielt er den Ex-Clown in ausdrucksstarker Mimik und gediegenem artistischen Anspruch. Die metaphorische Bedeutung seiner Rolle verdeutlicht der Schluss. Ein Uniformierter erschlägt ihn mit seinem Knüppel, als er gerade euphorisch erkennt: sowohl niemand, als auch jemand, jedermann und sich selbst sein sind aus der Freude am Dasein verbunden.

Denn im Hintergrund stehen Menschheits- und Welttheater. Erfolg, der sowohl sich als den erfolglosen Kollegen zerstört, weil der Kampf ums Selbstbild unverhältnismäßig Kraft kostet. Die Irrwege der Selbstinszenierung und die maßgeblichen Impulse von außen und innen. Am Ende des Weges steht (im Idealfall) die Synthese aus Erkenntnis und persönlichem Anspruch, die in Harmonie mit den persönlichen Befindlichkeiten gesetzt werden kann. Wenn aber nichts mehr zu erwarten ist, folgt als logisches Ende der Tod. Hat er vielleicht auch seinen Stachel verloren, ist die unvermittelte Knüppelarbeit durch ihre sichtbare Brutalität dramatisch, ohne zu traumatisieren. Denn es liegt unvermittelt starr und empfindungslos, der seine Erfüllung erreicht hat.

Diez glänzt und reißt in dieser Paraderolle nicht allein mit. Ein engagiertes und beherztes Ensemble steht ihm in der einfallsreichen Inszenierung Reinhold Tritschers zur Seite. Gerard Es, Reinhold Gerl, Kristin Henkel, Pamina Milewska, Jurek Milewski und Lena Steinhuber wechseln in oft atemberaubendem Tempo zwischen streitbaren Doppelpferden und anderen Zirkus-Viechereien bis zu galanten Etablissements mit familientauglichem Strip-Rollen und Wesenheiten. Artistik, vor allem das Vertikaltuch als geschickt einbezogenes Bühnenelement, das das Publikum in die Hinterbühne versetzen kann, begleitet poetische Assoziation. Dazu liefert Nane Frühstückl eine Menge Musik und Songs, die in der Choreografie Anna Adensamers zum dauerhaften Bewegungsmotor einer in sich kompakten Geschichte werden.

Aufführungen bis 10. Juli im Theaterzelt im Virgilpark – www.theater-ecce.com
Bilder: Theater Ecce / Foto Flausen

 

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