… durch das Schwert umkommen
THEATER IM KUNSTQUARTIER / DIE GEWEHRE DER FRAU CARRAR
14/05/18 Mitten im spanischen Bürgerkrieg 1937. Kanonendonner erschüttert das Haus der Witwe Teresa Carrar: Mit Leib und Seele versucht die Mutter ihre beiden Söhne vom Krieg fernzuhalten. Doch als ihr Bruder Pedro zu Besuch kommt, um die Gewehre ihres verstorbenen Ehemanns zu holen, wird ihr Durchhaltevermögen auf eine harte Probe gestellt... Das epische Theater ist springlebenig.
Von Christina Mayr
Das Stück „Die Gewehre der Frau Carrar - Eine Gewaltprävention“ von Bertold Brecht wurde im Rahmen eines Schwerpunkts über die Zukunft des epischen Theaters – Motto „Eine entsetzliche Unruhe ist in die Welt gekommen“ - im Theater im KunstQuartier zur Diskussion gestellt. Regie führte Milena Mönch auf der sachlich leergeräumten Bühne von Sophie Rieser. Es spielten Caroline Adam, Anton Andreew, Sebastian Jehkul.
Mit vollem Körpereinsatz überzeugten die drei Schauspieler bei der Premiere, einer von zwei Aufführungen, im Theater KunstQuartier. Das Stück erinnert ein wenig an „Mutter Courage“, die ihre Kinder ebenfalls vor dem Tod durch den Krieg zu schützen versucht.
Der Schauplatz ist ein anderer: „Die Gewehre der Frau Carrar“ spielt in einem kleinen andalusischen Fischerdorf in der Nähe Málagas in Spanien, wo die Mutter Teresa Carrar den Pazifismus verteidigt. Bedrängt von ihrem Bruder, der die Gewehre seines gefallenen Schwagers holen will, hält Teresa diese so lange wie möglich zurück und stellt sich dabei nacheinander verschiedenen Leuten, die unterschiedliche Standpunkte zum Krieg vertreten.
Ihren Sohn Juan hat sie zum Fischen geschickt, um ihn vom Einrücken an die Front fernzuhalten und auch den anderen Sohn José versucht sie mit aller Macht, dabei aber stets ohne Gewalt, zurückzuhalten.
Ausgezeichnet vermitteln die Schauspieler den Mutter-Sohn-Konflikt. Denn mit Hilfe ihrer mütterlichen Autorität verbietet Teresa Carrar ihren Söhnen am Krieg teilzunehmen, wobei ihre pazifistische Haltung offen und allgemein missbilligt wird. Wenn die Darsteller ihre jeweiligen gegenüberliegenden Positionen verteidigen, erinnert das an einen Machtkampf wie unter den Tieren, die ihre Kräfte messen, indem sie ihr Gegenüber durch Drohgebärden einzuschüchtern versuchen.
Die großartig präzise Körpersprache bei den Schauspielern verbildlicht den Kampf zwischen Krieg und Widerstand.Unterstrichen wird diese Spannung zwischen Pazifismus und Gewalt durch den Kontrast von Gefühlsausbrüchen und Hysterie auf der einen Seite und rationalen und ruhigen Argumenten auf der anderen Seite.
Mit dem Motto „Nur über meine Leiche“ hält die immer mehr verzweifelnde Mutter die Gewehre ihres verstorbenen Gatten zurück. Doch als ihr älterer Sohn José während des Fischens unschuldig durch vorbeisegelnde Milizsoldaten erschossen wird, ändert sich alles. Über dem Leichnam ihres Sohnes bricht Teresa Carrars Welt zusammen und sie erklärt ihren Widerstand offensichtlich für zwecklos. Umgeben wird sie dabei von schallendem Gelächter ihres Bruders und Sohnes Juan. Das Paradox von Tränen und Lachen widerspiegelt hervorragend die innere Zerrissenheit der Mutter und die schwierige Problematik des erfolglosen Pazifismus. Emotional und ergreifend – und aktueller denn je.
Bilder: UniMoz/Jannik Görger