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Schwab'sches Schnitzler-Geschnetzeltes

THEATER IM KUNSTQUARTIER / DER REIZENDE REIGEN

24/03/17 Arthur Schnitzlers „Reigen“ war einst ein veritabler Theaterskandal. Durch die noch einmal verschärfte Fassung von Werner Schwab haben sich die Schauspiel-Studenten des Thomas Bernhard Instituts gemeinsam mit Starregisseur David Bösch gekämpft. Die skurrile Szenenfolge feierte am Donnerstag (23.3.) im Theater im KunstQuartier seine umjubelte Premiere.

Von Christoph Pichler

Angeblich kennt ja jeder jeden über 6,6 Ecken. Zumindest behauptet das der US-Psychologe Stanley Milgram, der sonst vor allem mit seinem nach ihm benannten Gehorsams-Experiment für Aufsehen und Unglauben gesorgt hat. Ein praktisches Beispiel dieses sogenannten Kleine-Welt-Phänomens hat Arthur Schnitzler schon ein halbes Jahrhundert zuvor imaginiert, wenngleich bei ihm nur Sexualkontakte zählen und sich der Kreis letztlich im Profimilieu schließt. Auch im „Reizenden Reigen nach dem Reigen des reizenden Herrn Arthur Schnitzler“ des steirischen Sprachschmieds Werner Schwab ist eine Professionelle Ausgangs- und Endpunkt des munteren Treibens, das hier mehr als nur den kleinen Tod bescheren kann.

Mit schwarzen Plüschschwingen am Rücken und Lederfrasen unter den Armen wirkt die Hure (Valentina Schüler) wie ein gefallener Engel, der in einem SM-Studio verhältnismäßig weich gelandet ist. Ein Angestellter (Steffen Lehmitz) glaubt ihrem Versprechen auf eine Gratisnummer und wird handgreiflich, als „die geile Sau“ für ihr „Lustverbrechen“ an seinem „kleinen Mauseschwanz“ doch einen Tausender in Rechnung stellen will.

Während der Profi den „Kirchenarschvollficker“ noch mit einer Schimpfwörterkanonade davonkommen lässt, rammt dem nimmersatten Angestellten die Friseuse (Marie Jensen), die ihm am Faschingsdienstag eine Spezialbehandlung beschert, kurzerhand ihre Schere in den Bauch.

Beim Hausherren (Jonas Hackmann) erweist sich die Friseuse als weniger zielsicher. Hier landet die Schere schließlich im eigenen Unterleib. So zieht der Hausherr weiter zur jungen Frau mit den Strapsen in der Handtasche (wie die Hure von Valentina Schüler verkörpert), welche wiederum ins Bett ihres Ehemanns (Yascha Finn Nolting) zurückkehrt. Der Ehemann verlustiert sich anschließend mit seiner Sekretärin (Lili Epply), die sich auch von einem Dichter (Alexander Prince Osei) mit schönen Worten einwickeln lässt. Über eine selbstverliebte Schauspielerin (Florenze Schüssler) und einen verzweifelten Abgeordneten (Fabian Felix Dott) landen wir schließlich wieder im Gewerbe, wo der ewige Kreislauf den nächsten Durchgang starten wird. Denn auch Nutten mit Flügeln können letztlich nicht fliegen.

Die Reigen-Variante des aufreizenden Herrn Schwab erweist sich als ideale Plattform für die jungen Salzburger Schauspielstudenten. Unter der Regie von David Bösch bekommt hier jeder die Chance, einen skurrilen Charakter in zwei extravaganten Szenen zu verkörpern und dabei alle Register der eigenen Schauspielkunst zu ziehen. Entsprechend engagiert legen sich auch alle Akteure ins Zeug und zeichnen herrlich komische Persönlichkeitsskizzen verkrüppelter Selbstdarsteller. Aus der starken Ensembleleistung sei hier nur Darbietung von Lily Epply erwähnt, deren vollblonder Sekretärin die mühseligen Gehirnverrenkungen, die ihr die wortreichen Verführungskünste von Ehemann und Dichter aufnötigen, stets anzusehen sind.

Als Hintergrund für die gewagten Sprach- und Sexspielchen reicht eine große Holzwand (Bühne und Kostüme: Marion A. Käfer), die Handlungsorte nur dezent andeutet und so die volle Konzentration auf die Psycho- und Wortduelle lenkt. Damit bietet diese Aufführung eine tolle Gelegenheit, das Potential der nächsten Schauspielgeneration des Thomas Bernhard Instituts der Universität Mozarteum in knapp eineinhalb Stunden eingehend zu ergründen und sich gleichzeitig köstlich über die Perversität der anderen zu amüsieren.

Der reizende Reigen – weitere Aufführungen heute Freitag (24.3.) und morgen Samstag (25.3.), sowie am 31. März, 1., 5. und 6. April jeweils um 20 Uhr im Theater im KunstQuartier der Universität Mozarteum
Bilder: Universität Mozarteum/Manuela Seethaler

 

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